Repression und Friedensverhandlungen im Baskenland

Demo gegen Verbote am 2. Oktober 2010 in Bilbao

Infoveranstaltung mit Ralf Streck am 24.11.2010 um 20 Uhr in der KTS Freiburg
Trotz Friedensbemühungen verstärkt Spanien die Repression im Baskenland
In einem Lied, dass die andalusische Gruppe Reincidentes gemeinsam mit dem Basken Fermin Muguruza singt, ist auf wenigen Zeilen die derzeitige Diskussion im Baskenland zusammengefasst: „Vielleicht bleibt keine andere Lösung, die Waffen schweigen zu lassen, bedeutet aber nicht, darauf zu verzichten, die Freiheit zu erreichen.“ In Euskal Herria hat sich nach mehr als 50 Jahren, in denen die Untergrundorganisation „Euskadi ta Askatasuna“ (Baskenland und Freiheit/ETA) für ein unabhängiges, sozialistisches und vereinigtes Baskenland kämpft, weitgehend die Meinung durchgesetzt, dass bewaffnete Aktionen der Bewegung, die für das Selbstbestimmungsrecht eintritt, eher schadet als nutzt.

 

Die linke Unabhängigkeitsbewegung hat deshalb, trotz Inhaftierung ihrer Anführer und der Verbote ihrer Parteien, erneut einen Friedensprozess auf den Weg gebracht, der international auf große Anerkennung stößt. Eine von vier irischen und südafrikanischen Friedensnobelpreisträgern angeführte Initiative hat im März die ETA zur Waffenruhe aufgefordert, um Bedingungen für einen Friedensprozess zu schaffen. Nachdem die verbotene Partei Batasuna (Einheit) die ETA ebenfalls zur Waffenruhe aufgefordert hat, bestätigte die Organisation im September, dass sie ihre Kommandos schon vor Monaten angewiesen habe, keine Anschläge mehr auszuführen. Tatsächlich hat die Organisation seit der Sommeroffensive 2009 zu ihrem 50jährigen Bestehen keine Anschläge mehr verübt, um die Initiativen der baskischen Linken nicht zu torpedieren. Nun hat sich die ETA auch dazu bereit erklärt, in die geforderte „permanente und überprüfbare Waffenruhe“ nach dem Vorbild der irischen IRA einzutreten, die letztlich 1998 zum Karfreitagsabkommen und zu einer friedlichen Konfliktlösung führte.

Anders als die britische Regierung damals unterstützt aber die spanische Regierung die Friedensbemühungen nicht durch Gesten der Entspannung, sondern zieht die Repressionsschraube sogar weiter an. Ende September wurden sieben Mitglieder der baskischen Internationalismus-Organisation „Askapena“ (Befreiung) verhaftet, darunter auch ihr deutscher Sprecher. Es ist eine der letzten Organisationen, die den 12 Jahren der Verbotspolitik noch nicht zum Opfer gefallen sind. Askapena soll der „internationale Arm der ETA sein“, behauptet der Nationale Gerichtshof und sogar der Regierung von Venezuela wird die Unterstützung der ETA unterstellt. In den Blickpunkt dieses Sondergerichts rückt auch die linksnationalistische Gewerkschaft LAB. So wurde der Ex-Gewerkschaftschef vor einem Jahr mit anderen Persönlichkeiten aus einem Treffen im Gewerkschaftssitz gezerrt, weil die angeblichen „ETA-Mitglieder“ an einer „verdeckten Waffenruhe“ gearbeitet hätten. Seither sitzen sie, darunter auch der Batasuna-Chef, im Knast. Dass nun schon etwa 800 BaskInnen aus politischen Gründen in spanischen und französischen Gefängnissen einsitzen – deutlich mehr als während der Franco-Diktatur – macht die Schärfe der Repression in den letzen Jahren deutlich.

Doch in ihrer Geschichte hat die linke Unabhängigkeitsbewegung stets gezeigt, dass sie auch die härteste Unterdrückung nicht mundtot macht. Nach dem gescheiterten Friedensprozess 2006/2007 hat sie inzwischen erneut ein Szenario geschaffen, in dem eine friedliche Lösung möglich werden kann, wenn an die Wurzeln des Konflikts gegangen wird. Ihre neue strategische Ausrichtung hat inzwischen auch zu einer Aktionseinheit mit drei weiteren Linksparteien und einigen Gewerkschaften geführt. Über Monate wurde in Stadtteilen und Dörfern diskutiert und damit hat die Batasuna-Basis in dem Reflexionsprozess den Weg dazu durch die klare Ablehnung des bewaffneten Kampfs frei gemacht. Die Ziele der Bewegung sollen „in vollständiger Abwesenheit von Gewalt“ erreicht werden. Gesetzt wird auf die Aktivierung der Zivilgesellschaft, um einen demokratischen Rahmen im Baskenland zu schaffen, in dem „alle politischen Projekte, auch das Projekt der Unabhängigkeitsbewegung, verwirklicht werden können“.

Die spanische Regierung lehnt bisher Verhandlungen ab, kommt aber international immer stärker für ihre Politik, den Konflikt polizeilich und militärisch lösen zu wollen, unter Druck. Gelingen dürfte das ohnehin nicht und wird wohl nur zu einer Verlängerung des Leidens führen. Anders als Madrid hat aber zum Beispiel die EU-Kommissarin für Innenpolitik die Waffenruhe der ETA als „positiv“ bezeichnet. Und anders als die ETA reagiert Madrid bisher auch ablehnend auf alle Forderungen der VermittlerInnen. Die fordern zum Beispiel, das Batasuna-Verbot aufzuheben. Der südafrikanische Friedensexperte Brian Currin bezeichnet die Legalisierung als „wichtigen Bestandteil“ für einen Friedensprozess. Er machte auch darauf aufmerksam, dass frühere Prozesse an der spanischen Verbotspolitik scheiterten. Mit der Veranstaltung sollen die aktuellen Vorgänge und die Wurzeln und die Hintergründe des Konflikts beleuchtet werden, über die man in Deutschland zumeist nur wenig erfährt. Als Referenten haben wir den im Baskenland lebenden Journalisten Ralf Streck eingeladen.