Neues über die rechte Szene in Südhessen

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Was ist 2009 und 2010 passiert?

Die Kameradschaft Darmstadt zeigt seit der Spontandemo im März 2009, bei der so gut wie alle TeilnehmerInnen festgenommen wurden, kaum öffentliche Aktivität.

Gelegentlich tauchen ein paar Aufkleber der Gruppe auf, die Motive sind aber bereits alt und die Aufkleber können von jeder beliebigen Person aus der Umgebung Darmstadts geklebt worden sein.

 

Die Homepage der Kameradschaft Darmstadt wurde, nachdem sie weit über ein Jahr nicht aktualisiert wurde, nun vor einigen Monaten erneuert. Aufgerufen wird dort zu Großevents der rechten Szene wie dem „Trauermarsch“ in Dresden oder der 1. Mai Demo in Berlin. Außerdem finden sich auf der Homepage dümmliche Flugblätter zu Themen wie Fachkräftemangel, angebliche Überfremdung oder Minarettverbot. Diese wurden auch vereinzelt im Raum Groß-Gerau versucht unter die Leute zu bringen. Erwähnenswert ist vielleicht, dass die Kameradschaft seit kurzer Zeit unter neuer Leitung steht. Nachdem der seit Jahren in der Naziszene aktive Andreas Jeckel (aufgelöste Kameradschaft Bergstraße, NPD Bergstraße) nicht ganz unfreiwillig die rechte Szene verlassen musste und einer ihrer Kader, Christian Heise, wieder zurück in seine Heimat bei Rostock gezogen ist, hat Stefan Höch die Leitung übernommen. Zusammen mit Nico May aus Griesheim sind sie momentan die einzig verbliebenen Mitglieder und versuchen ihre Reihen durch junge Nazis aus dem Hessischen Ried, der Bergstraße und dem Odenwald zu füllen. So zu sehen unter anderem am 1. Mai 2010 in Schweinfurt, wo Stefan Höch zusammen mit Mitgliedern der ehemaligen Kameradschaftlichen Jugend Odenwald und anderen zu sehen ist. Insgesamt kann man allerdings nicht von Aktivität reden.

 

Zwischenzeitlich gründete sich die Kameradschaftliche Jugend Odenwald, die unter anderem aus dem weiteren Umfeld der Kameradschaft Darmstadt bestand, jedoch eher im Raum Bergstraße, bei Mörlenbach und Viernheim, agierte. Beide Gruppen waren zusammen auf den NPD Demos in Wetzlar 2008 und Scheinfurth 2010 zu sehen.
In dieser Gruppe waren mehrere Personen, die auch schon davor Kontakt zu Personen der Kameradschaft Darmstadt hatten und mit ihnen auf Aufmärschen zu sehen waren. Es wurde versucht, durch Grillabende mit anschließendem Zelten Interessierte im gleichen Alter zu gewinnen. Weitere Aktionen gab es nicht. Die Mitglieder waren mit 16-26 Jahren eher jung und gaben sich naturbewusst, national und sozial.
Doch der Druck durch Antifaschistische Arbeit auf die Gruppe um Tobi „Koff“ Köhler, Patrick Rennhack, Janis Breier, Robin Classen, Eric Thomas und andere war schnell so groß, dass es bereits nach wenigen Wochen zur Auflösung kam. Einige Mitglieder der Gruppe waren an einer Auseinandersetzung während eines Spiels der „Eintracht Wald-Michelbach“ mit Darmstädter AntifaschistInnen beteiligt. Sie trugen dort rechtsradikale T-Shirts, schwenkten eine Reichs- und eine freie Kameradschaftsfahne und sangen Lieder von Landser. Außerdem riefen sie Parolen wie „Scheiss Kanacken Darmstadt“ oder „Hasta la vista Antifaschista“. Bei der Auseinandersetzung wurden mehrere Nazis verletzt. Die Polizei ermittelt seitdem gegen einige Antifaschisten aus Darmstadt. (siehe fightrepression.blogsport.de)

 

Eine neu gegründete und auch der Kameradschaft Darmstadt nahe Gruppe, die Nationalen Sozialisten Ried, fielen durch massive Werbung in Form von Aufklebern für den 1. Mai in Schweinfurt, Sprühereien und antisemitischen Flugblättern im Raum Gernsheim/Biblis auf. Allerdings blieb es auch bei dieser Gruppe bei diesen eher minimalistischen Aktionen. Seit die Homepage abgeschaltet wurde, hat man von Ihnen nichts mehr gehört.

 

Nach einem erneuten Outing des langjährigen NPD Kreisvorsitzenden Wolf-Jürgen Zeuner, diesmal bei seiner Arbeitsstelle „Wolf Bergstraße“ sowie in seinem Wohnort Seeheim, legte dieser all seine Ämter nieder und der Kreisverband Darmstadt/Dieburg löste sich auf bzw. ging in den Kreisverband Darmstadt/Odenwald über. Laut Informationen eines langjährigen NPD-Mitglieds sind einige der aktiven Mitglieder Tobi Werner, Marcel Sulzbach, Georg Hartmann, Herold Vetter sowie Timo Neubert, welchen man auch gerne mal mit der KS Darmstadt zusammen sieht.
Es zeigt sich, dass die NPD nicht mehr wirklich aktionsfähig ist. Auch der Mitgliederkreis ist sehr überschaubar. Im Vorfeld der letzten Wahlen gab es keinerlei Werbung, lediglich Sebastian Rebel aus Habitzheim machte eigenständig etwas Plakatwerbung in seinem Wohnort. Wie wir erfahren haben, wurde Sebastian von einer antifaschistischen Initiative an seiner Schule geoutet, genau wie der kürzlich aus der NPD ausgetretene Marco Stangl, der zusammen mit seiner Freundin Sina Klette und Georg Hartmann an seinem Wohnort in Fränkisch-Crumbach geoutet wurde.

 

Der Odenwald gilt als besondere Problemregion. Durch seine vielen kleinen Dörfer und Städtchen ist das gesamte Gebiet sehr unübersichtlich. Ein Überblick über die unorganisierte rechte Szene wird dadurch sehr schwer. Diese ist allerdings gerade im Odenwald stark vertreten. In jedem Dorf sitzen Freundeskreise und Kleingruppen von Rechtsradikalen. Oft fühlen sich auch sehr viele junge Leute von der rechten Szene angezogen, wodurch der Altersdurchschnitt zum Teil sehr niedrig ist. Die Gefahr liegt eindeutig in der Unüberschaubarkeit. Es ist fast normal, dass in Schulklassen mehrere Neonazis sitzen und es gehört zum normalen Bild, dass diese durch Nazi-Propaganda auffallen. Selbst vor Gewalt gegen Ausländer und Andersdenkende schrecken viele nicht zurück.
Die Jugend im Odenwald kommt kaum mit linker oder alternativer Kultur in Kontakt, da es so gut wie keine Strukturen oder Kulturangebote im Odenwald gibt. Das macht es unserer Meinung nach wichtig, in dieser Region vermehrt zu agieren, um ein Angebot linker Kultur zu schaffen und den wenigen emanzipierten Leuten, die sich der unorganisierten Naziszene entgegen zu stellen versuchen, unsere Solidarität zu zeigen.

 

Alles in allem kann gesagt werden, dass in Südhessen zwar ganz klar Nazistrukturen vorhanden sind und sie auch immer wieder irgendwie auftauchen, allerdings gehen von ihnen kaum ernstzunehmende Aktionen aus. Stattdessen dominieren interne Streitigkeiten, Ausstiege und gegenseitiges Misstrauen die Szene, da jeder vom anderen denkt, dass dieser entweder für den Staat oder für die Antifa spioniert (was allerdings zum Teil auch zutreffend ist). Das kann uns natürlich nur recht sein, da es dadurch leicht ist, auf die wenigen Aktionen zu reagieren sowie neu gegründete Gruppen schnell zu zerschlagen.