Art Canrobert Rastatt akut existenzbedroht

Art Canrobert bleibt!

Der alternative Jugendverein für Kunst und Kultur ist akut in seiner Existenz gefährdet. Die Stadt Rastatt beabsichtigt die Vereinsförderrichtlinien so zu ändern, dass der Verein für Einsparungen auf dem Papier bares Geld bezahlen soll. Wird die Entscheidung so gefällt, wie es ein aktueller Entwurf vorsieht, käme auf den Verein zum 01.01.2011 eine Mieterhöhung von 890% zu. Ein Skandal!

 

Es gilt in diesem Artikel über eine unglaubliche Geschichte aus dem badischen Rastatt zu berichten. Eine Geschichte, die ich selbst nicht geglaubt hätte, wenn ich nicht auf einem Infostand in Rastatt darauf aufmerksam geworden wäre und weiter zu diesem Thema recherchiert hätte,…

Die Stadt Rastatt möchte augenscheinlich Geld einsparen um nicht unter fremdverwaltete Finanzaufsicht gestellt zu werden. Aus diesem Grund sollen auch die „Vereinsförderrichtlinien“ der Stadt neu gestaltet und somit ca. 20% der Gesamtsumme eingespart werden. Die Stadt Rastatt möchte diese Einsparungen aber nicht sozial (oder wie sie es nennt „nicht nach dem Rasenmäherprinzip“) umsetzen, sondern die Richtlinien sollen generell zu Lasten von wenigen Vereinen umgeschrieben werden. Insbesondere den Verein „Art Canrobert e.V.“, der selbstverwaltete Jugendprojekte auf die Beine Stellt, jungen Bands und Künster/innen Räume zur Verfügung stellt und einen unkommerziellen Freiraum geschaffen hat, werden diese neuen Vereinsförderrichtlinien letztendlich die Existenz kosten. Absurderweise ist Art Canrobert e.V. einer der Vereine, der am wenigsten finanzielle Fördermittel von der Stadt Rastatt zu Verfügung gestellt bekommt, nämlich nur eine geringe allgemeine Vereinsförderung von wenigen Euro pro Mitglied und Jahr. Zuschüsse zu Investitionen, Projekten und ähnlichem hat der Verein, der „Selbstverwaltung“ auch als „Selbstfinanzierung“ begreift seit seiner Vereinsgründung 1998 nie in Anspruch genommen.

Deswegen kann eine Einsparung bei Art Canrobert faktisch auch nicht bei der eigentlichen finanziellen Vereinsförderung ansetzen (wo keine Fördergelder fließen kann auch nichts gekürzt werden). Wie die Stadt Rastatt es trotzdem schafft dem Verein seine Existenzgrundlage zu entziehen, erklärt Art Canrobert e.V. anschaulich in einer 8-Seitigen Broschüre, die auf https://www.art-canrobert.de vollständig heruntergeladen werden kann.
Darin heißt es:


Einsparungen nur auf dem Papier


Die Stadt Rastatt möchte 20% bei der Vereinsförderung sparen. Wer spart, hat später mehr Geld in der Kasse und kann Schulden abbauen und schöne Sachen kaufen. Ist das aber wirklich so?
Tatsächlich finden die geplanten Einsparungen der Stadt Rastatt nur auf dem Papier statt und kosten die Stadt Rastatt jährlich auch noch ca. 2500 €, die sie an anderer Stelle einsparen muss. Der Grund warum dies so ist, liegt in der Tatsache, dass Art Canrobert von der Stadt zu den üblichen Vereinskonditionen städtische Gebäude anmietet, das SWI-Gebäude in der Karlsstr. 23 ist solch eines, das Vereinen vergünstigt überlassen wird. Die Stadt argumentiert nun folgendermaßen: Die Differenz zwischen dem Vereinsmietpreis (0,51 Cent/ m²) und dem „marktüblichen“ Mietpreis (5,60 € / m²) stellt eine Vereinsförderung dar, die nun drastisch gekürzt werden soll. Zukünftig soll der Verein 4,55 € /m², also ca. 892% mehr Miete bezahlen und die Stadt spart so 21.144 € pro Jahr an Vereinssubvention bei Art Canrobert e.V. ein. Hört sich schön an - auf dem Papier!
Fakt ist aber, dass das SWI- Gebäude schon jetzt zu 1/3 leer steht. Die Stadt versucht seit weit über einem Jahr die 900 m² große Fläche im dritten Stock zu vermieten. Bisher konnten wir aber noch nicht einmal einen einzigen Interessenten für diese Räume antreffen. Der angesetzte Mietpreis ist den Gegebenheiten nicht angemessen. Mit Umsetzung der entworfenen Vereinsförderrichtlinien würden mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit weitere 900 m² (Domovina e.V. und Art Canrobert e.V.) frei werden, für die man abermals keinen Nachmieter fi nden dürfte. Die Stadt Rastatt spart damit zwar auf dem Papier massiv an Vereinsförderung, subventioniert aber mit Umsetzung der Richtlinien nun leer stehende Räume. Statt 5,09 € Vereinsförderung muss die Stadt nun 5,60 € in Leerraumförderung stecken. Ein klassisches Minusgeschäft!
Nicht nur, dass damit den Musikgruppen, den Künstler/innen und Jugendlichen ihre Räume genommen werden. - Nein, die Stadt bezahlt auch noch teuer für diesen kulturellen Kahlschlag!


5,60€ pro Quadratmeter sind inakzeptabel


Sie leben im Altbau? Es macht Ihnen nichts aus, dass Sie keine Zentralheizung haben und es durch das Dach regnet? Hört sich nach günstigem Wohnraum an, aber passen Sie auf, dass Ihr Vermieter nicht auch auf die gleichen Ideen kommt, wie die Stadt Rastatt, sonst wird es richtig teuer für Sie!
Das SWI-Gebäude sieht schon von außen einladend aus. Kaputte Vordächer, einsturzgefährdete Hallen, eine marode Heizungsanlage und eine Einfahrt, die man wegen den Schlaglöchern nur noch mit geländegängigen Fahrzeugen befahren kann. Kurzum wirkt es so, als hätte man über Jahrzehnte kein Geld in die Instandhaltung investiert. Das Ensemble des verfallenden Joffre - Geländes tut ihr übriges. Dennoch sieht die Stadt Rastatt einen Mietpreis von 5,60 € / m² für gerechtfertigt. Dieser liegt weit über dem ortsüblichen Mietpreis für ähnliche Gewerbeobjekte und kann schon alleine wegen der schlechten Lage des SWI-Gebäudes kaum auf dem freien Markt realisiert werden (siehe freistehende Flächen im SWI-Gebäude). Die städtischen Vertreter rechtfertigten aber gleich bei Nennung des Preises, dessen Höhe durch zukünftig anfallende Investitionen im siebenstelligen Bereich, die für das instandhaltungsbedürftige Gebäude anfallen könnten! Im Übrigen sei erwähnt, dass wir schon auf dem Canrobert–Gelände Räume nutzten, die wir durch unsere Präsenz und den verantwortungsvollen Umgang in ihrer Substanz erhielten. Bei dem übergebenen Haus in der Ludwig–Wilhelm–Str. fehlte keine einzige Scheibe.
Wenn Sie ein altes, verfallenes Haus bewohnen würden oder ihr Vermieter in den letzten 20 Jahren keinen Cent in Ihre Altbauwohnung investiert hätte, würden Sie extrem hohe Mieten akzeptieren? Immerhin muss Ihr Vermieter ja irgendwann renovieren und je verfallener das Gebäude, desto mehr muss er irgendwann dafür hinlegen. Sie würden also bereitwillig in Ihrer verfallenen Wohnung mehr bezahlen, als Ihr Nachbar im schicken Neubau? Und wohin fließen Ihre immensen Mieten? - Richtig, in eine Renovierung, die der Vermieter in 5 Jahren machen wird. Spekuliert wird wahrscheinlich mit dem Verkauf des gesamten Areals, um die Verluste der Verwaltungen ein erneutes Mal auf den Schultern der nachwachsenden Generationen zu sozialisieren.


100 m² pauschal - das soll reichen!


Was haben ein Gehörlosenverein, ein Fotoclub, die Schachfreunde und ein Jugendkulturverein mit 6 Bands, 2 Künstlern, einer Werkstatt, Konzertraum, Fitnessraum und einem vielseitigen Angebotsprogramm gemeinsam? – Vieles, aber sicher nicht den Raumbedarf, doch darauf zielt die städtische Argumentation ab.
Rechnet man nach, geht die Stadt davon aus, dass ein Verein wie Art Canrobert auf 87 m² seinen Vereinszweck erfüllen kann.... Nun, wie kommen solche Quadratmeterzahlen zustande? Freund Durchschnitt wird es schon richten... Sie sind in einem Fußballverein? Aufgepasst, nicht dass die Statistik ihren Platzbedarf mit dem der Kegelfreunde, Boulespieler und dem Dartverein vergleicht. Sie müssten vermutlich zukünftig in einer Umkleidekabine trainieren - aber die Zeiten sind schlecht und das verlangt Opfer vom Volk!


Gehen Sie nicht über Los!


„Jugendlich“ - schon das Wort klingt in unseren Zeiten gefährlich. Wenn sie sich dann auch noch zusammentun und gemeinsam etwas wie Musik oder Kunst machen, auch noch selbstverwaltet und ohne hierarchische Aufsicht....

Die städtische Jugendarbeit ist ganz klar darauf ausgerichtet, Brennpunkte zu entschärfen und vermittelnd zu agieren. Für tatsächlich umfassende, spezielle und nachhaltige Jugendarbeit fehlt aber sowohl der finanzielle, als auch der personelle Spielraum. Jetzt bitte nicht falsch verstehen! Die rastatter Jugendsozialarbeiter machen einen tollen Job und wir haben schon viel gemeinsam mit ihnen auf die Beine gestellt, aber sie können alleine keine Jugendarbeit schultern, wie sie Rastatt verdient hätte.
Wer uns nachsagt, bei uns wäre vieles möglich, der sollte wissen, dass wir ein generelles Drogenverbot durchsetzten und es zu noch fast keiner handfesten Auseinandersetzung in oder um unsere Räume gekommen ist. Und das seit 12 Jahren. Wir leben Demokratie, sowohl in unseren Entscheidungsprozessen, als auch in unserer Gesellschaft. Wir sensibilisieren Jugendliche für Sexismus und Rassismus und dies ist unser gutes Recht und unsere Pflicht. Wer uns daraus einen Strick drehen will, sollte überlegen wem er damit Vorschub leistet. Wir stehen für Toleranz und Respekt vor dem Fremden und genau das ist es, was Faschisten und Rassisten nicht in ihr kaputtes Weltbild passt. Sie leben ein chauvinistisches Frauenbild, die Abwertung anderer Kulturen ist ihnen eine Notwendigkeit um sich als hoherwertig zu postulieren. Moderne Kunst und libertäre Haltungen waren ihnen schon immer verhasst. Setzen wir uns gegen faschistische Angriffe und Anfeindungen zur Wehr, werden wir als linke Unruhestifter diffamiert.
Wir werden sogar mit Anschlägen auf Parteibüros öffentlich in Verbindung gebracht - Ein Skandal der seinesgleichen sucht. Und die Drahtzieher solcher Verleumdungen? In welchen Mühlen laufen denn die Fäden zu Seilschaften zusammen?
Und dann war da noch ...
... die mangelnde Transparenz


Dieses Phänomen ist uns bis heute unerklärlich. Ständig wird uns eine Intransparenz vorgeworfen, hier fehlt selbst uns ein ironischer Erklärungsansatz, den wir so gerne gefunden hätten....

Art Canrobert veranstaltet jährlich Aktionstage, die breit in der Öffentlichkeit angekündigt werden. Jeder Bürger und jede Bürgerin kann sich zu unseren Workshops anmelden und uns besuchen. Unsere Veranstaltungen sind für jedermann zugänglich und jährlich findet ein Tag der offenen Tür statt, zu dem wir persönlich alle Fraktionen des Gemeinderats einladen. Genau diejenigen, die uns heute Intransparenz nachsagen, zeigten über Jahre einfach nur Desinteresse! Wir haben bei zwei Festivals intensiv mit der Stadt zusammengearbeitet. Alle Jugendarbeiter und das Ordnungsamt standen mit uns in Kontakt, sind bei uns ein- und ausgegangen. Wir veranstalten jedes Jahr ein Festival, zu dem wir alle Mitbürgerinnen und Mitbürger herzlich einladen. Wir lassen uns das demonstrative Desinteresse der konservativen Stadtratsfraktionen nicht als Intransparenz vorwerfen! Bis heute wurde keiner unserer obligatorischen Rechenschaftsberichte bemängelt.
Es gibt keinen vernünftigen Grund Art Canrobert durch eine Änderung der Vereinsförderrichtlinien die Existenzgrundlage zu entziehen!