Die AfD in Brandenburg beklagt zu viele zerstörte Wahlplakate. Jetzt gibt sie Bürgern zur Überwachung Kameras. Und hat dabei eine wichtige Sache vergessen.
Die Zerstörer sind ausgerüstet mit Paintball-Gewehren und Teppichmessern. Ihr Ziel: die Wahlplakate der AfD. Sie beschießen sie, schneiden die Gesichter der Kandidaten heraus oder reißen sie ganz herunter. AfD-Plakate haben es zur Zeit an vielen Orten Deutschlands nicht einfach, aber in Brandenburg vergingen sich besonders viele Leute an ihnen. In Seelow, in Libbenichen, Dolgelin und vor allem in Friedersdorf haben die Täter die Masten selbst von den letzten Kabelbindern befreit. In diesen Orten hat die AfD laut eigenen Angaben bis zu 100 Prozent Plakat-Verlust zu verbuchen. Jetzt will sich ein AfD-Politiker wehren – mit einer zweifelhaften Methode.
Eine "generalstabsmäßig geplante Aktion gegen die demokratischen Rechte der AfD" witterte der AfD-Kreistagsabgeordnete Detlev Frye. Unfair und ein "ungleiches Spiel", findet AfD-Landtagsabgeordneter Franz-Josef Wiese. Denn die Plakate der anderen Parteien blieben intakt. Wiese will sich das nicht länger gefallen lassen. Er rüstet nun auf: Er spendiert Bürgern eine Kamera und 50 Euro, damit sie die Plakate der AfD per Video überwachen. So will er weitere Zerstörungen verhindern. In seiner Pressemitteilung heißt es: "Jeder, der aus seinem Zuhause auf eine Laterne schaut und einen DSL-Anschluss hat, kann sich als Plakat-Pate bewerben."
Im brandenburgischen Wahlkreis Seelow habe die AfD 123 Plakate neu aufhängen müssen, was pro Plakat 36,80 Euro koste. Die Kosten für die Kamera und die 50 Euro seien den Aufwand deshalb wert, sagt Wiese zu VICE. Den Schaden durch die abgerissenen Plakate sollen später ohnehin die Plakatabreißer zahlen. Solange strecke der Kreisverband das Geld vor. "Aber selbst wenn die Kameras nur abschrecken oder den Täterkreis einschränken, haben wir etwas erreicht", so Wiese. Der 64-Jährige gibt sich zuversichtlich: Es hätten sich bereits Menschen gemeldet, die "Umsetzung" laufe. In Seelow haben Unbekannte bereits zwei Kameras aufgehängt, auch ohne von der AfD gesponsort zu werden. Eine davon ist auf das Plakat der Bürgermeisterkandidaten Detlev Frye gerichtet.
Doch an die Persönlichkeitsrechte hat Wiese nicht gedacht: "Wer dem Aufruf aus der Pressemitteilung folgt, kann gegen das Datenschutzrecht verstoßen", sagt Sven Müller, Sprecher der Landesbeauftragten für Datenschutz. Passanten oder Nachbarn könnten mitgefilmt werden. Gegen deren Wissen und Einwilligung. Das kann für die AfD-Unterstützer teuer werden: Beschwert sich jemand, kann die Datenschutzbehörde mit dem Bußgeldbescheid winken. Bis zu 50.000 Euro sind möglich, in besonders schweren Fällen bis zu 300.000 Euro – je nachdem, wie vorsätzlich das Filmen war und wie viel Geld der "Plakat-Pate" auf der Kante hat.
Wiese sagt, er habe keinerlei Bedenken, dass die ganze Sache illegal ist. Mit der Bußgeldandrohung verschrecke man nur "Omis und gesetzestreue Bürger", sagt er. Einen Anwalt habe er vor der Pressemitteilung nicht kontaktiert. "Wir machen das. Fertig."