Prozess um Anschlag auf Justizminister Gemkow geht weiter

Erstveröffentlicht: 
07.08.2017

Im Prozess um den Anschlag auf die Wohnung von Justizminister Sebastian Gemkow hat einer der beiden Angeklagten seine Unschuld beteuert. Er habe mit der Tat nichts zu tun, ließ der 30-Jährige über seinen Anwalt mitteilen. Er bestreitet zudem, den Mitangeklagten zu kennen.

 

"Ich habe mit der mir zur Last gelegten Tat nichts zu tun", ließ der 30-Jährige am Montag im Leipziger Amtsgericht seinen Anwalt vortragen. Er sei noch nie in Leipzig gewesen, er kenne den mitangeklagten Verdächtigen nicht und zum Zeitpunkt der Tat habe er auch Gemkow nicht gekannt. Der Angeklagte mit deutscher und kirgisischer Staatsangehörigkeit wohnt im nordrhein-westfälischen Meckenheim. Der ebenfalls angeklagte Thomas K. äußerte sich nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft.

Prozess kurzzeitig unterbrochen

Am Morgen war das Verfahren gegen die zwei mutmaßlichen Steinewerfer auf die Wohnung des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow zunächst unterbrochen worden. Ein Befangenheitsantrag gegen die Richterin Ute Fritsch, den Verteidiger Mario Thomas unmittelbar zum Prozessauftakt am Montagmorgen gestellt hatte, wurde aber als unbegründet abgewiesen. Der Strafverteidiger hatte der Richterin vorgeworfen, die Anklage beruhe auf einer fehlerhaften DNA-Analyse. Seinem Mandanten sei es nicht zuzumuten, von ihr abgeurteilt zu werden, sagte er.

Pflastersteine und Buttersäure

Vor anderthalb Jahren wurde Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow nachts um zwei Uhr aus dem Schlaf gerissen: Pflastersteine flogen durch die Fenster seiner Wohnung in der Leipziger Südvorstadt, gefolgt von Weihnachtsbaumkugeln, gefüllt mit Buttersäure. In der Wohnung schliefen auch Gemkows zwei kleine Kinder und seine Frau. Seit Montag müssen sich die beiden mutmaßlichen Täter vor Gericht verantworten.

Der Anschlag auf die Wohnung von Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow im November 2015 sorgte bundesweit für Schlagzeilen und Entsetzen - von einer neuen Stufe der Verrohung in der Gesellschaft war die Rede. Politiker aus allen poltischen Lagern verurteilten den hinterhältigen Angriff. Ministerpräsident Stanislaw Tillich erklärte, es sei eine Schwelle überschritten worden. Eine vermeintliche politische Auseinandersetzung betreffe mittlerweile nicht nur die Politiker unmittelbar, sondern es würden Familien mit hineingezogen. Die Situation sei nicht tolerierbar.

"Diejenigen, die das gemacht haben, die riskieren auch Menschenleben." - Stanislaw Tillich, Ministerpräsident Sachsen

Etliche Politiker waren sich schnell einig, dass die Täter im linken Spektrum zu vermuten seien: Nachbarn hatten in jener Nacht nach einem Legida-Aufmarsch in der Innenstadt eine Gruppe Schwarzbekleideter davonlaufen sehen.

DNA-Spuren auf Tatmitteln

Die Spuren führten im März 2016 allerdings zu den mutmaßlichen Tätern aus dem rechten Spektrum. Die beiden Angeklagten konnten mittels DNA-Spuren ermittelt werden, die auf Tatmitteln sichergestellt werden konnten, erklärt Gerichtssprecher Stefan Blaschke. Dazu gehörten Pflastersteine und Verpackungen von Christbaumkugeln, die in Tatortnähe gefunden worden waren. Vor allem der 30-jährige Thomas K. gilt als stadtbekannter, mehrfach vorbestrafter Neonazi. Er war unter anderem an einem Überfall auf einen Nachtbus nach einem Courage-Konzert beteiligt und soll Anfang Januar 2016 unter den 200 rechten Hoooligans gewesen sein, die die Wolfgang-Heinze Straße in Connewitz verwüsteten. Der ebenfalls 30-jährige Mitangeklagte stammt nicht aus Sachsen. Beiden wird versuchte schwere Körperverletzung vorgeworfen.

Negativpreis für Staatsanwaltschaft

Erst im November 2016 kam durch eine Journalistenanfrage zufällig heraus, dass die beiden Täter gefunden und bereits Anklage gegen sie erhoben worden war. Dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsergebnis der Öffentlichkeit so lange vorenthalten hatte, brachte ihr den Negativpreis "Tonstörung" der Landespressekonferenz ein.

Falsche Wohnung?

Inzwischen wird darüber spekuliert, dass die Angreifer sich einfach in der Wohnung geirrt hatten und eigentlich eine linksalternative Wohngemeinschaft in der Nachbarschaft hatten treffen wollen. Justizminister Gemkow soll am 14. August in dem Prozess als Zeuge gehört werden, das Urteil ist für den 25. August geplant. Insgesamt wurden drei Verhandlungstage veranschlagt.