Zivilklausel gegen Militarisierung der Universitäten

Der Militarisierung der Gesellschaft entgegentreten!

Die Militarisierung des gesamten öffentlichen Lebens wird immer unübersehbarer. Die Bundeswehr auf dem Weg zur Berufsarmee nützt die Perspektivlosigkeit der Jugend, um töten und getötet werden als karriereträchtigen Beruf anzupreisen. Mit einem „öffentlichen Rekruten- Gelöbnis“ am 30. Juli in Stuttgart soll in einer gigan­tischen Militarismus-Werbeaktion „Normalität von Krieg und Auslandsein­sätzen“ vermittelt werden. Und wer den Werbern nicht auf den Leim geht, wird in der Uni vor den Karren des Militärs gespannt. Offene oder versteckte Rüstungsforschung durch­dringt fast alle Wissenschaftsbereiche der Universitäten. Dagegen steht das Friedensgebot des Grundgesetzes.

 

Zum Thema „Universitäten als Kriegs-Dienstleister - Gegenmittel Zivilklausel - Widerstand jetzt„ hat das „Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung“ Stuttgart (OTKM) am 21. Juni zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung eingeladen.

Um das Ergebnis der Diskussion vorweg zu nehmen. Die Anwesenden waren sich darin einig, dass die Friedensbewegung zusammen mit den Gewerkschaften und Studierenden trotz der enormen Belastungen durch die anstehenden Antikriegs­aktivitäten (z.B. Gelöbnix 30. Juli Stuttgart) versuchen sollte Kräfte zu mobilisie­ren, um eine Selbstver­pflich­­tung der Universitäten für „Forschung und Lehre nur zu fried­lichen, zivilen Zwecken“ (Zivilklausel) durchzusetzen.

Der Referent Dietrich Schulze von der „Initiative gegen Militärforschung an Universitäten“ (Webdokumentation: http://www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf) eröffnete seinen Beitrag mit einem Klassenbild aus dem Jahre 1910 aus einem Artikel von Horst Bethke „Schulkampf als Klassen­kampf“ (analyse & kritik nr. 551) mit der Bildunterschrift: „Davon träumt die Elite: das Gymnasium als Kader­schmiede für den eigenen Nach­wuchs“. Genau darum gehe es heute im Klassenkampf von Oben gegen Schulen und Hochschulen. Dazu gehöre, die Bundeswehr als „Schule der Nation“ zu etablieren und die Hochschulen für Militärforschung in Dienst zu nehmen.

An konkreten Beispielen aus den Universitäten Karlsruhe (KIT), Stuttgart, Hohenheim, Freiburg, München, Kassel, Oldenburg und FU Berlin wurde aufgezeigt, dass natur­wissenschaftlich-technische Bereiche aber auch sozialwissenschaftliche Bereiche aller großen Hochschulen mittlerweile an militärischen und zivilmilitärischen Forschungs­programmen beteiligt sind.

Nachhaltiger Widerstand gegen diese Entwicklung habe sich vor zwei Jahren ausge­rech­net in der konservativen Südwestecke von Baden-Württemberg anlässlich der Fusion der Universität und des Forschungszentrums Karlsruhe zum Karlsruher Institut für Technolo­gie (KIT) entwickelt. Warum? Das Forschungszentrum (früher Kernforschungs­zentrum) hat aufgrund des Potsdamer Abkommens und des Kernwaffenforschungsverbots eine Zivilklausel.

Die Universität unterliegt keiner derartigen Bindung und betreibt, wie die Initiative gegen die Vertuschungsversuche der Uni-Administration aufgedeckt hat, Militärforschung. Da beide Institutionen bis 2011 vollständig verschmolzen werden sollen, könne es nur eine einheitliche Zivilklausel geben oder gar keine. Das letztere sei die Grundhaltung der Landesregierung. Dem widerspreche aber der Tatsache, dass weiter Kernforschung betrieben wird.

In dieser Auseinandersetzung haben sich die Studierenden der Universität Karlsruhe positioniert. In einer bundesweit einmaligen Urabstimmung haben sie im Januar 2009 für eine einheitliche Zivilklausel am KIT votiert. Das wurde von der Landesregierung ebenso wie die Proteste der Gewerkschaften ver.di und GEW ignoriert und eine geteilte Klausel beschlossen, die keinen Bestand haben kann.

Der Referent berichtete weiter, wie die Proteste mit dem Bildungsstreik Ende 2009 verbun­den worden sind, u.a. mit einem Vortrag des US-amerikanischem Friedens­wissenschaft­lers Subrata Ghoshroy im Dezember in der Uni Karlsruhe als Bildungsstreik-Veranstal­tung. Ghoshroy hatte die vollständige Durchdringung der US-Universitäten mit Militär­forschung und die abschreckenden Folgen verdeutlicht.

Inzwischen habe sich die Initiative für die Zivilklausel stark verbreitet. Sie wird vom Bildungsstreikbündnis Baden-Württemberg, der Landes-StudierendenVertretung und dem DGB unterstützt. Der Senat der Uni Tübingen habe im Dezember eine Zivilklausel als Ergänzung zur Grundordnung beschlossen. Die Uni Konstanz habe seit 1991 eine Zivilklausel, wie von der GEW entdeckt wurde. Die Juso-Hochschulgruppe Stuttgart fordere die Zivilklausel für das Landeshochschulgesetz. Es gebe einen Internationalen Appell für die KIT-Zivilklausel und ganz neue Überlegungen für einen generellen Internationale Appell. Am 9. Juli werde es ein bundesweites Vernetzungstreffen auf Einladung des AStA der Uni Braunschweig und der Naturwissenschaftler-Friedensinitiative geben.

Die Diskussion befasste sich intensiv damit, wie die Forderung „Gegen Militarisierung von Schulen und Hochschulen - Streichung der Kooperationsvereinbarung – Zivilklauseln für alle Hochschulen“ umgesetzt werden kann. Elemente dazu: Arbeitskreis der Studierenden an der Uni Stuttgart, Einbeziehung von Beschäftigten der Universität und des Personal­rats, Unterstützung durch Gewerkschaften und Friedensgruppen wie zum Beispiel OTKM und der im aktuellen Bildungsstreik besonders aktiven SchülerInnen. Die allgemeine Überzeugung war, dass es wichtig ist in diesen Punkten voran zu kommen, die Formen der Zusammenarbeit angesichts der Herausforderungen und der mobilisierbaren Kräfte aber noch reifen müssen.

Von Manfred Jansen

Weitere Informationen:
www.otkm.tk
www.blockbw.tk
www.gelöbnix-stuttgart.de