Immer mehr Attacken auf Sanitäter, Lehrer und Polizisten in Sachsen

Erstveröffentlicht: 
03.07.2017
Immer mehr Attacken auf Sanitäter, Lehrer und Polizisten in Sachsen
Innenministerium: Hemmschwelle zur Gewalt sinkt / Leipzig und Dresden besonders betroffen

Von Andreas Debski

Dresden. Staatsdiener, Wachpersonal und Rettungskräfte werden in Sachsen immer häufiger Ziel von Übergriffen. Besonders betroffen sind Leipzig und Dresden. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage des Linken-Innenexperten Enrico Stange hervor. Demnach hat sich beispielsweise die Gewalt gegen Sanitäter binnen fünf Jahren von 52 auf 113 Fälle mehr als verdoppelt – damit werden im Freistaat pro Woche durchschnittlich drei Lebensretter im Einsatz attackiert. Meist handelt es sich um Körperverletzungen, Bedrohungen und Nötigungen.

 

Ähnlich entwickeln sich die Zahlen bei Politessen und Gerichtsvollziehern, die im vergangenen Jahr 86 Mal angegriffen wurden (2011: 43). Lehrer waren 95 Mal das Ziel von Gewalt (74), Justizbeamte 45 Mal (13). Am häufigsten sind privates Wachpersonal mit 634 Fällen (224) und die Polizei mit 2905 Fällen (2106) betroffen. Die stark gestiegenen Fälle resultieren bei Sicherheitsdiensten häufig aus Einsätzen in Flüchtlingsunterkünften, bei der Polizei aus der Zunahme an Demonstrationen.

Die meisten Fälle werden in Leipzig registriert, danach folgt Dresden. Überproportional viele Polizisten werden in Ostsachsen angegriffen. Lehrer sind laut den Ministeriumszahlen außer in den beiden Großstädten vor allem in den Landkreisen Bautzen und Meißen gefährdet, Politessen und Gerichtsvollzieher in den Landkreisen Mittelsachsen und Görlitz.

 

Diese Entwicklung spiegele einen gefährlichen bundesweiten Trend wider – zur zunehmenden Verrohung, erklärte das sächsische Innenministerium auf LVZ-Anfrage: „In diesem Zusammenhang stellen wir fest, dass der Respekt gegenüber dem Staat und seinen Einrichtungen sinkt. Ebenfalls sinkt die Hemmschwelle bei der Anwendung von Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung.“ Dagegen relativiert das Kultusministerium: „Die Schulen haben uns nicht gemeldet, dass es unzumutbare Verhältnisse gibt. Es liegen jedoch Informationen von Schulleitern vor, dass deren Anzeigebereitschaft gestiegen ist.“

 

Aufgrund der gestiegenen Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte gelten künftig härtere Strafen. Das haben Bundesrat und Bundestag vor Kurzem beschlossen. „Wer sich schützend vor einen Menschen stellt, wer ein Kind oder auch nur eine Katze aus einem brennenden Haus rettet, wer einen Verletzten reanimiert – der verdient unseren Respekt“, erklärt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Wer Polizisten und Retter angreife, so Ulbig, „der greift den Rechtsstaat, der greift uns alle an“. Die härteren Strafen seien deshalb „wichtig und richtig“. Daneben habe der Freistaat beispielsweise neue Weiterbildungen für Polizisten installiert. Außerdem sollen ab Herbst sogenannte Body-Cams getestet werden, um die Sicherheit der Beamten zu erhöhen.

 

Dagegen sieht Linken-Politiker Stange Strafverschärfung als nur bedingt taugliches Mittel an: „Viel wichtiger als Aktionismus wäre eine deutliche Intensivierung der Prävention. Aggressive Handlungsmuster müssen bereits in Kitas und Schulen durch Bildung und Erziehung zurückgedrängt werden.“ Dazu gehöre auch, Feindbilder – etwa gegenüber der Polizei – zu vermeiden, so Stange.