Fremdenhass im Freistaat - Tillich: Sachsen hadern mit der Demokratie

Erstveröffentlicht: 
15.06.2017

Gute christliche Flüchtlinge aus Syrien, Marokkaner und Tunesier, die "das Bild schädigen" - wie Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) über die Asylpolitik denkt.

 

Von Matthias Meisner und Hannes Soltau

 

Zwei Jahre nach dem fremdenfeindlichen Krawallen in Sachsen, unter anderem in Freital und Heidenau, hat Ministerpräsident Stanislaw Tillich die Bürger seines Landes gegen den Vorwurf verteidigt, sie seien zum großen Teil demokratiefeindlich eingestellt. "Warum haben sie dann die demokratische Revolution gemacht?", fragte der CDU-Politiker jetzt bei einem Gespräch mit Nachwuchsjournalisten in Dresden. Die Sachsen "hadern mit der Demokratie, aber sie lehnen sie nicht ab." Er verteidigte seinen Satz aus dem Jahr 2015, wonach der Islam nicht zu Sachsen gehöre. "Dazu stehe ich nach wie vor." Seine damalige Aussage sei "keine Anbiederung an Pegida" gewesen, "sondern meine Meinung". Es müsse "viel offener mit dem Thema Islam" umgegangen werden.

 

Tillich warb in dem Gespräch mit den Journalisten für eine deutlichere Unterscheidung zwischen den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Sachsen sei "Hauptaufnahmeland" für tunesische Migranten gewesen und habe "eine große marokkanische Gemeinde": "Und das ist unser Problem." Bei Syrern und Irakern liege die Kriminalität bei drei Prozent, bei Tunesiern und Marokkanern jenseits von 60 Prozent. "Die schädigen das Bild", erklärte er mit Blick auf die Asylsuchenden aus den Maghreb-Staaten.

 

Auch bei Flüchtlingen aus Syrien warb der Regierungschef dafür, stärker zu differenzieren. "Solange wir die Christen aus Syrien hierhergeholt haben, waren es viele Ingenieure, viele Ärzte." Es sei "mit Sicherheit nicht mehr richtig" gewesen, das zu betonen, "als der Flüchtlingsstrom anschwoll". Aus seiner Sicht zu spät ist darüber geredet worden, dass es sich bei den Flüchtlingen heute oftmals "um Menschen handelt, die nicht diese Bildungsvoraussetzung haben", erklärte der Regierungschef. Sachsen habe "Fachkräftebedarf, aber nicht wirklich Bedarf an Nichtqualifizierten". 

 

Assads Syrien "ein aufgeklärtes Land"


Tillich selbst hat gute Erinnerungen an einen Besuch 2005 in Syrien - er war damals unter anderem in Aleppo und dort "beeindruckt". Er berichtete der Runde: "Ich habe dort ein so aufgeklärtes Land gesehen." Zwar wolle er das Assad-Regime nicht gutheißen, aber dieses habe darauf geachtet, dass es nicht zu einem Übergewicht einer Religion gekommen sei. "Ich habe Mädchen in Minirock gesehen und in knallengen Jeans und daneben eine vollverschleierte Frau. Das war für mich das Bild eines modernen, arabischen Landes."

 

In Sachsen sind Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus besonders ausgeprägt. Seit Herbst 2014 demonstriert Pegida Montag für Montag in der Landeshauptstadt Dresden. Laut dem im Auftrag der Landesregierung erstellten "Sachsen-Monitor", der im November 2016 vorgestellt wurde, sagen 58 Prozent der Sachsen, die Bundesrepublik sei "durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet", bundesweit meinen dies nur 18 Prozent. Laut einer Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung sind nur 54 Prozent der Ostdeutschen mit der Demokratie zufrieden.

 

Der CDU, deren sächsischer Landesvorsitzender Tillich ist, wird immer wieder vorgeworfen, die Probleme zu relativieren. Tillich selbst hatte unter dem Eindruck der Blockade eines Busses mit ankommenden Flüchtlingen in Clausnitz und dem Anschlag auf eine noch unbewohnte Flüchtlingsunterkunft im Februar 2016 in Bautzen zugegeben: "Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus. Es ist größer, als viele - ich sage ehrlich: auch ich - wahrhaben wollten." Jetzt in Dresden beklagte er: "Es hat ähnliche Vorfälle auch im Ruhrpott gegeben. Wenn aber über Fremdenfeindlichkeit gesprochen wird, dann wird in den nächsten Jahren Dresden an erster Stelle bei der Nennung sein." Und mit Blick auf das Pogrom gegen Vertragsarbeitnehmer 1991 in Hoyerswerda: "Was in Hoyerswerda geschehen ist, ist schlimm, aber es ist nicht das Land und es sind nicht alle Leute."