Chaos bei Asylentscheidern größer als angenommen

Erstveröffentlicht: 
13.06.2017

Die neuen Mitarbeiter des Bamf sind nach Informationen der ZEIT unzureichend ausgebildet. Das geht aus einer internen Bewertung des Bundesamtes hervor.

 

Das Ausmaß des Missmanagements beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist größer als gedacht. Das belegen Dokumente, die der ZEIT vorliegen. Seit August 2015 hat das Ministerium mehrere Tausend neue Mitarbeiter eingestellt, die entscheiden sollen, ob ein Flüchtling als Asylbewerber anerkannt wird oder nicht. Laut einer internen "Auswertung der Qualifizierungsmaßnahmen" vom 17. Mai haben diese Entscheider bisher aber durchschnittlich nur 21,6 Prozent der vorgesehenen Ausbildung durchlaufen.

 

Um einen Ausbildungsstand von 100 Prozent zu erreichen, müssten die Entscheider gemäß der regulären Ausbildung mehrere Schulungsphasen absolvieren. Das Bamf hat sein neues Ausbildungsprogramm im Mai vorgestellt und nannte Juli als geplanten Starttermin. Das sogenannte Qualifizierungsprogramm Asyl selbst kündigt den Start allerdings erst für September an. 

 

Die Qualifikation der Bamf-Entscheider war durch den Fall des terrorverdächtigen Soldaten Franco A. erneut zum Thema geworden. A. war fälschlicherweise als syrischer Flüchtling anerkannt worden und führte ein Doppelleben. Der Revisionsbericht vom 31. Mai zu dem Vorgang empfiehlt gezielte Qualifizierungsmaßnahmen. Mitarbeiter sollten insbesondere zu Anhörung, zur Erstellung von Bescheiden und zur Dokumentation geschult werden. 

 

Was brachte die Reform?


Fraglich ist auch, ob die Asylverfahren durch die Reform des früheren Bamf-Chefs Frank-Jürgen Weise effizienter geworden sind. Weise trennte die Vorgänge der Anhörung eines Asylbewerbers und der anschließenden Entscheidung über den Antrag voneinander, zwei verschiedene Personen übernehmen seitdem die jeweiligen Aufgaben.

 

Eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken ergab allerdings, dass der Effekt gegenteilig ist: Die Asylverfahren brauchen seit der Trennung länger. Von Oktober 2016 bis März 2017 benötigten die Entscheider durchschnittlich 1,9 Monate, um über neue Asylfälle zu entscheiden. Im ersten Halbjahr 2016 hatte der Wert bei 1,7 Monaten gelegen. Im selben Zeitraum ein Jahr zuvor, also vor der getrennten Bearbeitung, dauerte der Prozess noch 1,6 Monate.