In Mannheim sollen Straßenbahnfahrer den Hitlergruß gezeigt und gegen Flüchtlinge gehetzt haben. Drei Mitarbeiter wurden suspendiert, der Täterkreis könnte jedoch viel größer sein.
Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) sieht sich einem Rassismus unter den
2000 Mitarbeitern ausgesetzt, dessen Ausmaß bislang nicht annähernd
abzuschätzen ist. Gegen Straßenbahner werden Neonazi-Vorwürfe erhoben,
auch rassistisch motiviertes Mobbing komme vor. Die Verkehrsbetriebe der
Städte Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen haben deshalb eine
Rechtsanwältin eingeschaltet, weil das Unternehmen "bei der internen
Aufarbeitung an Grenzen gestoßen" sei, wie der Technische
Geschäftsführer Martin in der Beek sagt.
Die RNV will damit den "schweren Vorwürfen gegen das Unternehmen und
einzelne Mitarbeiter" begegnen, betont in der Beek. "Das sind wir der
Öffentlichkeit und den Fahrgästen schuldig."
Die RNV hat erste Konsequenzen gezogen und drei Mitarbeiter vom aktiven
Dienst suspendiert. RNV-Sprecher Moritz Feier befürchtet, "dass der
Täterkreis sehr viel größer ist". Die Anwältin Ruhan Karakul stellt nun
die Frage, ob die Vorkommnisse überhaupt ein derartiges Ausmaß erreichen
durften. Denn erste Hinweise auf Verfehlungen des Personals auch
gegenüber Fahrgästen gab es schon vergangenes Jahr. Ein
Straßenbahnfahrer hatte nach mehreren Abmahnungen die Kündigung erhalten
und in diesem Zusammenhang die RNV-Geschäftsleitung mit den
Neonazi-Vorwürfen konfrontiert. Der entlassene Straßenbahner, nach
RNV-Angaben selbst mit Migrationshintergrund, hatte Kollegen mit dem
Smartphone gefilmt und diese Aufnahmen dem Chef gezeigt. Seit Mai 2016
ist wenig geschehen, jetzt überstürzen sich die Ereignisse und
Geschäftsführer in der Beek verspricht "lückenlose Aufklärung".
Muslime und Afrikaner seien rassistisch beschimpft worden, versicherte
der Ex-Straßenbahner, und sprach auch vom "Hitler-Gruß", den Kollegen
gezeigt und den er gefilmt habe. Auch sei eine Frau in der Straßenbahn
sexuell belästigt worden. Die Videoaufnahmen freilich seien von minderer
Qualität, womit in der Beek das anfangs zögerliche Vorgehen der RNV
rechtfertigt. Auf die kurzen Videos angesprochen, sagt er, "das erschien
uns alles recht wirr". Dennoch sei versucht worden, den Vorwürfen
nachzugehen. Herausgefunden haben die internen Ermittler inzwischen,
dass es durchaus zu einer Hetze gegen Flüchtlinge etwa in den sozialen
Netzwerken gekommen sei. Das Videomaterial wurde der Polizei übergeben,
die Staatsanwaltschaft ermittelt.
"Es ist unerträglich, was man hier erfahren muss", sagt in der Beek nun.
Die Ereignisse wirken sich auf die Unternehmenskultur aus, die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu rund 40 Prozent mit
Migrationshintergrund, machten sich große Sorgen. "Die letzten Tage
waren für mich und mein Team sehr belastend und wir haben konstatieren
müssen, dass wir das nicht mehr alleine leisten können." Deshalb wurde
die Rechtsanwältin Ruhan Karakul, Justiziarin des Zentralrats deutscher
Sinti und Roma in Heidelberg, als Ombudsfrau ins Boot geholt.
Unterstützt wird Karakul von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst
& Young.
Die Anwältin ist nicht überrascht von den Vorwürfen. "Die Gesellschaft
ist nicht frei von Rassismus", auch nicht in der in dieser Hinsicht als
liberal geltenden Stadt Mannheim. Deshalb könne sie nicht sagen, "dass
das ein Novum ist". Gleichwohl: "Rassismus darf weder in Unternehmen
noch sonst wo in der Gesellschaft geduldet werden."