Asyl für Schwangere - Das Geschäft mit der Vaterschaftsanerkennung

Erstveröffentlicht: 
05.06.2017

Mit der Anerkennung einer Vaterschaft lässt sich offenbar viel Geld verdienen. Deutsche Männer verschaffen damit ausländischen Müttern ein Aufenthaltsrecht. Nach rbb-Recherchen hat es allein in Berlin bis zu 700 Fälle gegeben. Von Gabi Probst

 

Polizei und Staatsanwälte vermuten einen großangelegten bundesweiten Betrug durch die Anerkennung von Vaterschaften. Nach Recherchen des rbb beantragen zunehmend mehr Frauen aus Vietnam, Afrika und Osteuropa in schwangerem Zustand Asyl in Deutschland. Um ein Bleiberecht zu erhalten bezahlen sie an deutsche Scheinväter, Rechtsanwälte und Notare bis zu 5.000 Euro für die Vaterschaftsanerkennung. Die Kinder erhalten so automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, die Mutter darf legal bleiben.

 

Unterhalt für die Kinder zahlen die Scheinväter nicht, da sie oft von Sozialhilfe leben. Die Schwangeren kommen meist mit einem Touristenvisum nach Deutschland. Solange sie im Mutterschutz sind, erhalten sie zunächst Asyl. 

 

Scheinvater sympathisierte offenbar mit rechtsradikalen Parteien


Der rbb recherchierte unter anderem Fälle, bei denen die Gesinnung der deutschen Scheinväter ganz offensichtlich nicht zu der Vaterschaft passt und die Unglaubwürdigkeit eines solchen Vertrages auffällig ist. So übernahm ein 28-jähriger Deutscher die Vaterschaft für ein vietnamesisches Kind, obwohl er mehrfach wegen des Tragens von verfassungsfeindlichen Symbolen verurteilt wurde. Auf seiner Facebook-Seite sympathisiert er mit der NPD.

 

Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft Berlin verweist darauf, dass die Anzahl solcher Fälle in den letzten Monaten in Berlin angestiegen sei. "Wir haben teilweise Personen, die über zehn Vaterschaften anerkannt haben", so Steltner. "Und es betrifft eine ganze Reihe, eine Vielzahl von Fällen, die wir monatlich feststellen." Allein in den vergangenen Monaten gab es in Berlin Schätzungen zufolge bis zu 700 solcher Fälle.

 

Ein Geschäftsmodell, das bundesweit funktioniert, wie der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, Ole Schröder (CDU), mitteilt. "Die Dunkelziffer ist erheblich", so Schröder. "Wir haben aber viele Hinweise von den Ausländerbehörden. Die Scheinväter machen das ja auch, um damit Geld zu verdienen. Das heißt, wir haben es hier auch mit erheblicher Kriminalität zu tun." 

 

Bundestag und Bundesrat haben Gesetzeslage verschärft


Bisher haben die Behörden kaum Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2013 entschieden, dass selbst in einem Verdachtsfall eine Vaterschaft nicht angefochten werden darf. Zu groß wäre das Risiko, dass die Kinder staatenlos werden könnten. Der Vater muss nicht immer ein biologischer Vater sein.

 

Doch jetzt könnte den kriminellen Geschäften ein Riegel vorgeschoben werden. Besteht zukünftig der Verdacht eines Betrugs, sollen Ausländerbehörden aktiv werden können. Bundestag und Bundesrat haben gerade ein entsprechendes Gesetzespaket verabschiedet. Staatssekretär Schröder sagte gegenüber rbb-Inforadio: "Selbstverständlich ist das auch mit Bundesverfassungsurteil im Einklang, weil wir präventiv dafür sorgen, dass solche Scheinvaterschaften gar nicht erst beurkundet werden."

 

Dies wäre auch im Sinne vieler der Mütter, die sich auf solche Geschäfte einlassen. Nach rbb-Recherchen enden viele von ihnen in der Prostitution. Durch die Anerkennung der Vaterschaft machen sie sich abhängig von den deutschen Scheinvätern und deren Hintermännern.