Prüfung zehntausender Asylbescheide - Opposition übt Kritik an de Maizières Vorgehen

Erstveröffentlicht: 
31.05.2017

Bundesinnenminister de Maizière will 85.000 positive Asylbescheide prüfen – als Konsequenz aus dem Fall Franco A. Die Opposition hält die Entscheidung für "zynisch".

von Maria Fiedler

 

Der Fall des rechtsradikalen Bundeswehrsoldaten Franco A., der sich als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte, wird weitreichende Konsequenzen haben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will zehntausende Asylbescheide noch einmal prüfen lassen. Konkret geht es um positive Asylbescheide für Männer zwischen 18 und 35 bis 40 Jahren aus den zehn Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern. Dazu zählen Syrien und Afghanistan.

 

Regulär finden diese Prüfungen nach drei Jahren statt. Nun werden auch diejenigen bereits überprüft, die im Zuge der großen Fluchtbewegung ab Spätsommer 2015 nach Deutschland kamen. Laut de Maizière sollen es 85 000 Fälle sein, deren Prüfung vorgezogen wird. Im Sommer, wenn die „Altfälle“ abgearbeitet wurden, soll im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) damit begonnen werden. 

 

De Maizière: Keine vergleichbaren Fälle wie Franco A.


De Maizière kam zu dieser Entscheidung, nachdem bereits 2000 Fälle überprüft worden waren, um gegebenenfalls systematische Mängel in den Verfahren zu offenbaren. De Maizière sagte, es habe keinen vergleichbaren Vorgang wie im Fall Franco A. gegeben.

 

Der rechtsradikale deutsche Soldat hatte unter dem Namen „David Benjamin“ Asyl beantragt und war im November 2016 in Nürnberg angehört worden. Das Gespräch wurde nicht auf Arabisch, sondern auf Französisch geführt. Trotz abenteuerlicher Angaben erhielt A. einen positiven Bescheid: Er wurde als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt. Der Offizier steht im Verdacht, einen Terroranschlag geplant zu haben.

 

Bei der Überprüfung der 2000 Fälle seien vor allem Mängel an der Dokumentation aufgefallen, hieß es. Diese haben laut BAMF-Chefin Jutta Cordt dazu geführt, dass die Entscheidung in einigen Fällen nicht plausibel, also nicht nachvollziehbar sei. Das heiße aber nicht automatisch, dass sie falsch sei. Besonders bei den Fällen aus Afghanistan gibt es Zweifel. Hier waren nur 54 Prozent der geprüften Entscheidungen plausibel. 

 

Beck: Bamf darf keine "Abschottungsbehörde" werden


In der Opposition trifft vor allem die Entscheidung de Maizières auf Kritik, nur positiv beschiedene Asylbescheide zu überprüfen. „Das Bamf darf nicht zur Abschottungsbehörde verkommen“, sagte der migrationspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck. Die Behörde solle nicht nur positive Bescheide überprüfen, sondern auch dafür sorgen, dass Ablehnungen nur dann erfolgen, wenn dies rechtlich zulässig ist. „Es kann nicht angehen, dass nach wie vor schwule Antragsteller abgelehnt werden, obwohl ihnen im Herkunftsstaat Gefängnisstrafen drohen“, sagte Beck dem Tagesspiegel. Für ihn nicht nachvollziehbar sei außerdem, dass etwa iranische Flüchtlinge, die zum Christentum konvertiert seien, keinen Schutz erhielten – obwohl sie sich in den Gemeinden hier in Deutschland engagierten. „Dies kann bei einer Rückkehr zu drakonischen Strafen führen“, so Beck. 

 

Jelpke: "Populistische Anti-Asyl-Haltung"


Ähnlich äußerte sich die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke. „Es ist einfach zynisch, dass die Bundesregierung das offensichtliche Versagen der eigenen Sicherheitsbehörden im Fall des mutmaßlichen Rechtsterroristen Franco A. gegen Flüchtlinge wendet.“ Zehntausende anerkannte Flüchtlinge würden so erneut in Angst vor Abschiebung versetzt. Nur die positiven Fälle überprüfen zu wollen, heiße außerdem „nichts anderes als möglichst viele Schutzsuchende abschieben zu wollen.“ Es zeuge von der Nichtbereitschaft, eigenes Unrecht in Form von falschen Negativbescheiden zu revidieren. Insbesondere die ablehnenden Bescheide bei afghanischen Flüchtlingen seien oftmals fehlerhaft und müssten vom Bamf nochmals überprüft werden. „Die Bundesregierung macht in ihrer populistischen Anti-Asyl-Haltung wieder einmal genau das Falsche“, kritisierte Jelpke.