Auf Distanz zu Petry

Erstveröffentlicht: 
23.05.2017

In Sachsen lehnen fünf AfD-Vorstandsmitglieder einen Ausschluss von Bundestagskandidat Jens Maier ab. Wie reagiert das Lager der AfD-Chefin? Von Tino Moritz

 

Dresden. Vor acht Tagen saß AfD-Chefin Frauke Petry in Berlin vor der Presse. Zur Linken hatte ihr Ehemann, der gerade in den nordrhein-westfälischen Landtag eingezogene Marcus Pretzell, Platz genommen, zu ihrer Rechten Co-Chef Jörg Meuthen. Während sie von "Jörg" sprach, sprach er von "Frau Petry".

 

Als es schließlich um die Zerstrittenheit in ihrem Heimatverband ging, befand sie: "Es gibt in Sachsen nach wie vor klare Mehrheiten." Zwar seien Konflikte "offensichtlich" und weder vom Landesvorstand noch von der Bundespartei erwünscht. Aber die AfD müsse "diese einzelnen Meinungen" aushalten. Und Petry setzte hinzu: "Mehrheiten sind dazu da, eingesetzt zu werden."

 

Was sie gemeint haben könnte, wurde erst später bekannt - fast parallel zur Geburt ihres fünften Kindes. Gemeinsam mit AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer hatte Petry beim Bundesschiedsgericht die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens gegen Jens Maier beantragt.

 

Der 55-jährige Berufsrichter am Dresdner Landgericht ist nicht nur AfD-Bundestagskandidat in Dresden, sondern die Nummer 2 auf der Landesliste - hinter Petry. Spätestens seit seinem Auftritt im Vorprogramm des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke am 17. Januar ist er gern gesehener Gast in der Parteirechten.

 

Seitdem sich Ende März der Landesparteitag mit Mehrheit gegen seinen Ausschluss ausgesprochen hatte, schien er kein Ungemach befürchten zu müssen - ein Irrtum. Zum Vorwurf wird ihm jetzt aber nicht mehr nur seine "Schuldkult"- Rede vom Januar im Ballhaus Watzke gemacht, sondern auch eine jetzt knapp fünf Wochen alte Äußerung über den verurteilten norwegischen Massenmörder Anders Breivik auf der Veranstaltung eines Magazins. Als Grund für dessen Tat soll er dort "Verzweiflung" genannt haben.

 

Vom Ausschlussantrag distanzierten sich nun aber fünf der zwölf Vorstandsmitglieder - darunter mit Leipzigs AfD-Chef Siegbert Droese (Platz 3) und dem Chemnitzer Ulrich Oehme (Platz 7) auch zwei aussichtsreiche AfD-Listenkandidaten.

 

Dass es gar "keinen entsprechenden Beschluss des Landesvorstands" gegeben habe, wie es in ihrer Erklärung heißt, wies Petrys Vertrauter Wurlitzer am Montag zurück. Die "Kollegen", die den Dissens erst öffentlich gemacht hätten, obwohl sie sonst "so gern die Einheit der Partei einfordern", wüssten genau, dass der Vorstandsbeschluss vom 31. Januar zu Maiers Ausschlussverfahren weiter gültig sei. Die "Empfehlung" des Parteitags habe Maier "leider nicht durch politische Zurückhaltung beantwortet", sagte Wurlitzer der "Freien Presse". Und: Maiers "Verharmlosung des Kinder- und Massenmörders Breivik" am 19. April lasse "jegliche Akzeptanz des Wertekanons unserer Partei vermissen".