Landtag entscheidet über Abschiebegewahrsam

Erstveröffentlicht: 
17.05.2017

Ausreisepflichtige Ausländer, die sich ihrer Abschiebung entziehen, sollen in Sachsen künftig in Gewahrsam genommen werden können. Der Landtag muss das neue Gesetz zum sogenannten Abschiebegewahrsam noch beschließen. Gegner kritisieren das harte Vorgehen gegen Geflüchtete und befürchten Traumatisierungen.

 

Von Ine Dippmann, MDR-Landeskorrespondentin Sachsen

 

In Sachsen scheiterten im vergangenen Jahr rund 1.300 Abschiebungen, die die Zentrale Ausländerbehörde vorbereitet hatte. Mit einem Abschiebegewahrsam will die Regierung dafür sorgen, dass diese Zahl sinkt. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag, Christian Hartmann, sagt: "Es geht nicht darum, Menschen schlecht zu behandeln. Es geht darum, für Menschen, die sich einer Ausreise widersetzen, nachdem alle geringeren Maßnahmen nicht funktioniert haben, eine Ausreise zu vollziehen." Und weiter:

 

Das ist die zweite Seite einer klaren und stringenten Asylpolitik.

Christian Hartmann, CDU

 

In Dresden soll der Ausreisegewahrsam gebaut werden, mit 20 bis 30 Plätzen. Familien, unbegleitete Minderjährige und Alleinreisende sollen dort getrennt untergebracht werden. Das dafür nötige Gesetz ist in der Koalition, in Ausschüssen und Anhörungen diskutiert worden. 

 

Beirat soll Unterbringung kontrollieren


Man habe sich dafür eingesetzt, dass es nicht das schärfste Gesetz zum Ausreisegewahrsam werde, sagt SPD-Fraktionschef Dirk Panter: "Also zum Beispiel der Schutz von Minderjährigen und Familien, dass hoheitliche Aufgaben auch von Beamten übernommen werden. Dass wir einen Beirat einführen, in dem auch Mitglieder des Landtags und der Zivilgesellschaft vertreten sind." Sie könnten die Einrichtung besichtigen und sich über die Unterbringung unterrichten lassen.

 

Maximal vier Tage dürfen Ausreisepflichtige in dem Gewahrsam untergebracht werden. Der AfD ist das nicht lang genug. Sie befürchtet, dass die Zeit nicht reicht, die nötigen Papiere für die Ausreise zu beschaffen. Die Fraktion werde sich deshalb bei der Abstimmung am Mittwoch enthalten. Dagegen stimmen werden Linke und Grüne. Linken-Abgeordnete Juliane Nagel erklärt:

 

Wir sind dagegen ein Instrument anzuwenden, das eigentlich gegen Straftäterinnen und Straftäter angewendet wird.

Juliane Nagel, Linke

 

Nach Hamburg wäre Sachsen das zweite Bundesland, das einen Ausreisegewahrsam baut. Drei Millionen Euro sind dafür eingeplant. Thomas Hoffmann vom sächsischen Flüchtlingsrat kritisiert, "dass hier Familien in Haft genommen werden, mit kleinen Kindern, unbegleitete Minderjährige, dass es zu einer Traumatisierung, zu einer Retraumatisierung kommen kann, Menschen krank werden in Gefängnissen, generell in Haft." 

 

Zweites Gesetz zu Abschiebehaft geplant


Wenn der Ausreisegewahrsam erst einmal da ist, so befürchten die Gegner, würden abgelehnte Asylbewerber schneller dort festgesetzt als bisher. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volkmar Zschocke will den Fokus daher auf mildere Mittel legen: "Also zum Beispiel Meldeauflagen und Kautionszahlungen, Passabgabe. Das was an verpflichtender Rückkehrberatung notwendig ist.“

 

Es sind Argumente, die CDU-Innenpolitiker Hartmann nicht gelten lässt: "Das ist eine Scheindiskussion. Diese Debatte der Linken dient nur dazu, das letzte Instrument zu beseitigen."

 

Zunächst muss der Landtag das Instrument erst einmal beschließen. Ein weiteres Gesetz ist bereits in Planung. Es soll die Abschiebehaft für straffällige Ausländer regeln.