Seit Ende April ist die Fläche des geplanten Möbel-Kraft in Kiel von einer Gruppe Wagenbewohner*innen besetzt. Mehr Infos zum Hintergrund der Fläche und der "Wagengruppe Schlagloch" sind auf dem Blog zu finden: http://schlagloch.blogsport.eu/ Den aktuellen Stand beschreibt die folgende Stellungnahme der Gruppe:
Offizielle Stellungnahme der Wagengruppe Schlagloch vom 14.05.2017
Die Besetzung dieses Geländes hat für uns mehrere wichtige Gründe, die wir bereits öffentlich gemacht haben. Der Rückhalt der vielen Kieler*innen, die uns hier besucht und unterstützt haben, verdeutlicht wie dringend der Freiraum, der auf diesem Gelände geschaffen wurde, gebraucht und gewünscht wird. Wir gehen davon aus, dass Verhandlungen in diesem Ausmaß ohne diesen öffentlichen Druck und die große Solidarität der vielen Kieler*innen gar nicht erst zu Stande gekommen wären.
Bezahlbarer Wohnraum in Kiel ist mehr als knapp, die Mieten steigen 
stetig und das Wagenleben ist nicht nur eine alternative, 
ökologisch-nachhaltigere Wohnform, sondern auch eine Möglichkeit mit dem
 Mangel an bezahlbarem Wohnraum eigenverantwortlich umzugehen. Die 
finanzielle Prekarität, in der sich Studierende, Auszubildende, 
Sozialhilfeempfänger*innen, Rentner*innen und viele Lohnarbeitende 
befinden und die sich durch den stetigen Rückbau des Sozialsystems 
weiter verschlimmert, ist ein Problem, das eine immer größer werdende 
Anzahl an Menschen betrifft. Zudem werden seitens der Kieler 
Stadtpolitik Luxusbauprojekte, Möbelhäusern und teuren 
Eigentumswohnungen mit dem Verweis auf die „zwingendermaßen“ 
wirtschaftliche Handlungsweise der Politik gerne und schnell Vorrang 
gegeben, wohingegen alternative Entwürfe mit geringen finanziellen 
Mitteln, als auch soziale Projekte jahrelang kämpfen müssen. Insofern 
sehen wir die Besetzung dieses Geländes nicht als „Erpressung“, sondern 
vielmehr als schon lange überfälligen Ausdruck dafür, dass die 
Stadtpolitik sich nicht am Bedarf an bezahlbarem Wohnraum und Freiraum 
der Bewohner*innen dieser Stadt ausrichtet. 
Zudem gibt es durchaus unkonventionelle Projekte in Kiel, die durch eine
 Besetzung auf ihre Ideen aufmerksam machen mussten, um sich als 
alternative Projekte etablieren zu können. Die Hansa48 mit ihren damals 
als unkonventionell geltenden Ideen, aber auch die Alte Meierei, sind 
ebenfalls aus Besetzungen hervorgegangen. Das Argument der Stadt, dass 
ein Rechtsbruch also keinesfalls die Grundlage für offizielle 
Verhandlungen sein könne, ist an dieser Stelle erkennbar zu 
hinterfragen.
Da die Stadt es für so wichtig befindet, nicht mit „Rechtsbrüchigen“ zu 
verhandeln, stellt sich uns die Frage, wie es der Krieger-Gruppe trotz 
etlichen Gesetzesbrüchen, wie zum Beispiel Umweltverstößen, möglich war,
 den Bau des Möbelhauses auf dieser Fläche auszuhandeln. 
 Wir machen hiermit noch einmal unsere Verhandlungsbereitschaft deutlich 
und signalisieren Offenheit und Kompromissbereitschaft. Auch zur 
Gründung eines Vereins, um als rechtlich verlässliche Partner*innen 
verhandeln zu können, haben wir uns bereit erklärt. Verhandlung bedeutet
 für uns allerdings das gegenseitige Abstimmen von realistischen 
Möglichkeiten und die Bereitschaft, sich zu einigen. Das Angebot, sich 
erst dann mit einem offenem Ausgang zusammenzusetzen, nachdem wir wieder
 aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sind, ist für uns 
lediglich ein Versuch der Verdrängung. 
Bis die Stadt uns eine alternative Fläche anbietet, sehen wir uns daher 
gezwungen diese Fläche, so lange es uns mit friedlichen Mitteln möglich 
ist, zu halten, da die einzige andere Möglichkeit das Abstellen unserer 
Wagen am Straßenrand wäre. Dies wäre rechtlich gesehen jedoch immer noch
 illegal.
Signalisierte die Stadt anfangs Gesprächsinteresse, scheint sie sich nun
 darauf zu berufen, dass mit Gesetzesbrecher*innen nicht verhandelt 
werden könne und wir die Fläche erst räumen müssten, um Gespräche – 
natürlich vollkommen ergebnisoffen – erwarten zu dürfen. Wir wollen die 
Stadt Kiel hiermit auffordern und anregen ihre Handlungskompetenz nicht 
ausschließlich von der Frage nach „Recht und Ordnung“ abhängig zu 
machen.
Wagengruppe Schlagloch, 14.05.17



