Der G-Punkt der AfD

Erstveröffentlicht: 
17.05.2017

Ausgabe 320 // Editorial // Von unserer Redaktion
Sagen, was ist. Ross und Reiter nennen. Das ist Journalismus. Und genau das haben wir mit dem Artikel "Sein Name ist Hase" getan. Wir haben hinter die Kulissen der Landtags-AfD geschaut. Und auch auf deren Mitarbeiter, die dort ein auskömmliches Einkommen haben. Finanziert vom Steuerzahler. Das hat Kontext eine Abmahnung wegen angeblich unzulässiger, identifizierender Verdachtsberichterstattung eingebracht und eine kostenpflichtige Abmahnung, falls wir einen Passus nicht löschen. Das tun wir nicht.

 

Es geht um Marcel Grauf, der lieber Marcel G. genannt werden will. Der ist Mitarbeiter der beiden AfD-Landtagsabgeordneten Heiner Merz und Christina Baum. Und er soll als Landesorganisationsleiter der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) zur Schulung im "Raum Schwäbisch Hall" eingeladen haben. Das zeigen Recherchen der Antifa Freiburg, die Kontext vorliegen. Sie zeigen ebenso, dass Grauf für die rechte Zeitung "Neue Ordnung" Texte geschrieben hat und Mitglied der deutsch-nationalen Burschenschaft Germania war. Wo NPD drin ist, soll auch rechtsextrem draufstehen, meinen wir. Grauf will uns das juristisch untersagen. "Mein Mandant hat sich weder in der Vergangenheit, noch aktuell an die Öffentlichkeit begeben", schreibt sein Anwalt an Kontext, "er führt ein unauffälliges Privatleben." Auch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit sei sein Mandant zu keinem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit getreten. Da sind wir anderer Meinung.

 

Selbstverständlich handelt ein Landesorganisationsleiter der NPD Jugendorganisation öffentlich. Es mag seine private Angelegenheit sein, ob er Radieschen zieht oder lieber Blumenkohl. Die Organisation von Schulungen der NPD-Jugend ist es nicht. Die Öffentlichkeit muss das wissen, um sich ein Bild machen zu können. Gerade mit Blick auf die Bundestagswahl ist zu diskutieren, wie die AfD zu rechtsradikalen und verfassungsfeindlichen Organisationen und Publikationen steht. Das hat auch unser Anwalt in seinem Antwortbrief deutlich gemacht.

 

Es gehört zur Strategie der AfD, von rechten Umtrieben ihrer MitarbeiterInnen nichts wissen zu wollen. Zumal, wenn sie sich in der Schmuddelecke der NPD herumtreiben, die sogar nicht zum Image der selbsternannten Saubermänner und -frauen passt. Die AfD ist auch bekannt dafür, dass sie versucht, unliebsame Berichterstattung mittels juristischer Drohungen, verbunden mit Geldforderungen, zu verhindern. Bemerkenswerterweise werden unsere Rechercheergebnisse von Marcel Graufs Anwalt nicht infrage gestellt.

 

Wer in Parlamente gewählt wird, muss sich der Öffentlichkeit stellen. Wer als Mitarbeiter von demokratisch gewählten Abgeordneten tätig ist, dessen politische Aktivitäten werden genau beobachtet. Es braucht die Öffentlichkeit nicht zu interessieren, wie viele Kinder Marcel Grauf hat, ob er verheiratet ist oder in die Kirche geht. Ob er allerdings für die Jugendtruppe der NPD Veranstaltungen organisiert hat, das ist weder privat, noch unauffällig. Das darf und muss gesagt werden.