Hessens Datenschutzbeauftragter Michael Ronellenfitsch beklagt Zunahme privater Überwachungskameras.
Der hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch beklagt die Zunahme privater Überwachungskameras. „Es ist geradezu eine Sucht der Deutschen, sich gegenseitig zu bespitzeln“, sagte der 71-jährige Rechtsprofessor am Dienstag in Wiesbaden, wo er seinen Jahresbericht vorstellte.
Rechtlich sei es erlaubt, auf dem eigenen Grundstück zu filmen. Menschen dürften aber „nicht kontrollieren, was auf ihrem Gehsteig passiert“.
Erfreut nimmt Ronellenfitsch zur Kenntnis, dass sich immer mehr Menschen von seiner Behörde beraten lassen, bevor sie Überwachungskameras installieren. Eine „Beratungswelle“ habe es im Winter 2015/16 gegeben, als die Zahl der Wohnungseinbrüche enorm angestiegen sei, heißt es in seinem Jahresbericht.
Die Behörde hat nach Ronellenfitschs Angaben Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Verstöße. Oft würden Kameras ausgeschaltet, wenn die Datenschützer kämen, oder es hänge eine täuschend echte Kameraattrappe vor dem Haus.
Ronellenfitsch fordert, auch dies zu untersagen. Wer sich von einer Kamera beobachtet fühle, werde in seiner freien Lebensgestaltung beeinträchtigt. Um das zu verhindern, müssten Attrappen genauso behandelt werden wie Kameras. In Rheinland-Pfalz gelte dies bereits, Hessen sollte nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten nachziehen.
Berücksichtigt werden könnte dies bei der ohnehin erforderlichen Anpassung des hessischen Datenschutzrechts an eine neue EU-Verordnung. Ronellenfitsch betonte, er und seine deutschen Kollegen hätten „massiv Einfluss“ genommen, damit der Datenschutz dadurch nicht ausgehöhlt werde. Die Landesinteressen seien „einigermaßen gewahrt“ worden.
Neben der Überwachung in der Nähe der Wohnung nimmt nach Ronellenfitschs Einschätzung auch das verbotene Filmen im Straßenverkehr zu. Es sei untersagt, Menschen ohne deren Einverständnis hinter dem Steuer zu filmen – selbst wenn das dazu dienen solle, Verkehrsverstöße zu dokumentieren. In einem anderen Bundesland habe eine Person 50 000 solcher Anzeigen erstattet, nachdem sie hinter den Autofahrern hergefahren sei und diese „denunziert“ habe. Das Phänomen gebe es auch in Hessen, aber „zum Glück“ nicht in diesem Ausmaß, sagte der Datenschützer.
Schwierig ist es für Schulen, wenn Eltern dort bei Veranstaltungen fotografieren und andere Eltern dagegen sind, dass Bilder von ihren Kindern gemacht oder gar im Internet hochgeladen werden. An Ronellenfitsch wandten sich die Eltern von drei Kindern, denen das Fotografieren ein Dorn im Auge war. Sie forderten ein Fotografierverbot, das Ministerium und Schulamt aber verweigerten.
Ronellenfitsch bat um Sensibilität und verwies in seinem Bericht auf die „Fürsorgepflichten“ der Schule. Allerdings sei es „aus praktischen Erwägungen nicht möglich“, dass Schulen Hausverbote erteilten oder Kameras und Smartphones einzögen, um das Fotografieren zu verhindern.