Albstadt-Lautlingen - Mehr als 80 Prozent der Auszubildenden im Zollernalbkreis vertreten politisch sowohl nationalistische als auch autoritäre Positionen. Das hat eine Umfrage unter 176 Auszubildenden ergeben, welche die IG Metall in Auftrag gegeben hat.
"Früher war rechtsxtremes Gedankengut leicht zu erkennen", sagt Josef Held, Professor für Erziehungswissenschaften, der an der Universität Tübingen eine Forschungsgruppe zum Thema Integration, Migration, Jugend und Verbände leitet und die Umfrage durchgeführt und ausgewertet hat. "Die Rechtsradikalen trugen Glatze, Bomberjacke und Springerstiefel und hatten ein geschlossen rechtsextremes Weltbild" Walter Wadehn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Albstadt, pflichtet bei; er erinnert sich noch lebhaft an die Umtriebe der Rechtsradikalen im Zollernalbkreis.
Die Zeiten haben sich geändert: Heute, so Held sei das Erkennen von "Rechten" schwieriger. Rechtspopulisten könnten grundsätzlich schon bestehende Stimmungen in der Bevölkerung aufgreifen, um möglichst viele Menschen für ihre Politik zu gewinnen. So mobilisierten sie zum Beispiel immer wieder besorgte Anwohner zu Demonstrationen gegen ein geplantes Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft, gäben sich dabei aber nicht offen rechtsradikal. Vielmehr distanzierten sie sich ausdrücklich vom Nationalsozialismus, nur um im nächsten Atemzug Stimmung gegen Randgruppen, seien es Flüchtlinge oder Homosexuelle, zu machen.
Die Ergebnisse der Umfrage im Zollernalbkreis bewertet Held als alarmierend: Mehr als 80 Prozent der Auszubildenden verträten sowohl nationalistische als auch autoritäre Positionen – und immerhin 24 Prozent hätten auch rassistische Ansichten. Gleichzeitig stuften sich aber 60 Prozent der jungen Leute politisch weder links noch rechts ein, sondern verorteten sich "in der Mitte".
Signifikante Unterschiede bei den Antworten der Befragten gab es laut Held weder zwischen den Geschlechtern noch zwischen den Schulabschlüssen. Er macht dafür zum einen das jeweilige gesellschaftliche Umfeld verantwortlich, zum anderen mangelhafte politische Bildung an den Schulen. Wenig empfänglich für rechte Verführungen, Vorurteile und falsche Gerüchte seien erfahrungsgemäß Menschen, die sich in ihrer Freizeit für Flüchtlinge engagierten oder anderweitigen Kontakt zu ihnen hätten. Die Motivation für dieses Engagement zögen die meisten jungen Leute dabei nicht notwendigerweise aus politischen Überzeugungen, sondern aus ihrem christlichen Glauben.
Direkter Kontakt macht immun gegen Vorurteile
Umso wichtiger findet es Walter Wadehn, dass die Schulen der politischen Bildung wieder mehr Raum geben, damit diese lernen, an den Haaren herbeigezogene Gerüchte von Fakten zu unterscheiden, und immunisiert werden gegen die Strategien der Rechtspopulisten. Im übrigen helfe nichts so gut gegen Vorurteile wie der direkte Kontakt zu den Menschen. Deshalb plane die IG Metall ein Integrationsprojekt, das Auszubildende mit Asylbewerbern zusammenbringen solle.