Neonazis aus Hessen waren an gewalttätigen Übergriffen in Ostdeutschland beteiligt. Die Polizei ermittelt wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung.
Hessische Rechtsextremisten waren am Montag an mindestens zwei gewalttätigen Auseinandersetzungen in Ostdeutschland beteiligt. Wie die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt-Süd bestätigte, wird derzeit gegen mehrere Teilnehmer eines rechtsextremen Aufmarschs in Halle wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung ermittelt.
Ein noch nicht identifizierter Angreifer soll, nachdem eine von der Partei „Die Rechte“ angemeldete Demonstration in Halle aufgrund von Gegenprotesten nicht stattfinden konnte, mehrere Menschen mit einer Eisenstange attackiert und verletzt haben. Zudem berichten Zeugen, dass aus einem Wagen heraus Pfefferspray in eine Menschenmenge gesprüht worden sei.
Bilder des Vorfalls kursieren sei Montag in den sozialen Netzwerken. Auf ihnen ist zu erkennen, dass der Angreifer einem Auto mit MKK-Kennzeichen (Main-Kinzig-Kreis) entsteigt. Der Pfefferspray wird aus einem Wagen mit Aschaffenburger Kennzeichen versprüht. Laut Zeugenaussagen wurden die Angreifer schließlich von einer größeren Gruppe Gegendemonstranten in die Flucht geschlagen.
Gezielte Schläge auf den Kopf
Nach Informationen des Landtagsabgeordneten der Grünen in Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, mussten zwei Opfer des Angriffs im Krankenhaus versorgt werden. Zeugen sprechen von gezielten Schlägen auf den Kopf. Dennoch werde zumindest derzeit noch nicht wegen „versuchten Totschlags“ ermittelt, wie in einigen Medienberichten zunächst zu lesen war, erklärte ein Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt-Süd.
Der Angreifer mit der Eisenstange ist weder den Zeugen noch der Polizei bislang namentlich bekannt – ein Unbekannter ist er deswegen noch lange nicht. Er ist bereits bei anderen rechten Veranstaltungen und Nazi-Aufmärschen aufgefallen, unter anderem bei Auftritten der Division „Braune Wölfe“, der auch mehrere Neonazis aus dem Raum Aschaffenburg angehören. Bilder zeigen den Angreifer auch bei einer AfD-Veranstaltung im September 2016 in Rodgau-Dudenhofen. Beobachter glauben, ihn dem Umfeld von Carsten Dost, einem Neonazi aus Rodgau und ehemaligen Anführer der seit 1995 verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) in Hessen zuordnen zu können.
Zu Ausschreitungen mit Beteiligung hessischer Rechtsextremisten kam es auch im thüringischen Apolda, nördlich von Jena. Dort hatten am Montagnachmittag Polizeiangaben zufolge rund 150 Neonazis Polizisten mit Steinen, Flaschen und Pyrotechnik attackiert. Die Gruppe hatte zuvor ebenfalls versucht, an der Demonstration in Halle teilzunehmen. 103 Personen seien in Apolda vorübergehend festgenommen worden, erklärte eine Sprecherin der zuständigen Landespolizeiinspektion Jena. Ermittelt werde wegen Landfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Federführend bei den Auseinandersetzungen in Apolda scheint das sogenannte Antikapitalistische Kollektiv, das vor allem im Rhein-Main-Gebiet und Mittelhessen aktiv und den sogenannten Autonomen Nationalisten zuzurechnen ist, gewesen zu sein. Auf Fotos sind Logo und Motto der rechtsextremen Gruppierung auf dem Frontbanner der Demonstration zu erkennen. In verschiedenen sozialen Netzwerken beklagen sich Aktivisten des AKK zudem über angebliche Polizeigewalt.