Koblenz: Richter geht in Ruhestand - Neonazi-Prozess geplatzt

Erstveröffentlicht: 
02.05.2017

In Koblenz ist nach fünf Jahren ein spektakulärer Prozess gegen mehr als zwei Dutzend mutmaßliche Rechtsextreme gescheitert. Grund: Der Vorsitzende Richter hat das Pensionsalter erreicht.

 

Einer der umfangreichsten Neonazi-Prozesse in Deutschland ist nach mehr als 300 Verhandlungstagen geplatzt. Die Hauptverhandlung werde ausgesetzt, weil der Vorsitzende Richter Hans-Georg Göttgen mit Erreichen der Altersgrenze Ende Juni zwingend aus dem Dienst scheide, teilte das Landgericht Koblenz mit.

 

Es sei auszuschließen, "dass die Hauptverhandlung bis zu diesem Zeitpunkt zum Abschluss gebracht werden kann", begründete das Landgericht seinen Beschluss. Die noch terminierten Verhandlungstermine bis Ende Juni seien aufgehoben worden. "Der weitere Verlauf des Verfahrens ist derzeit ungewiss."

 

Die Kammer könne gegebenenfalls nach Ausscheiden des Vorsitzenden in anderer Besetzung entscheiden, teilte eine Gerichtssprecherin mit. "Sollte neu verhandelt werden müssen, muss die Verhandlung vollständig von vorne beginnen."

 

Prozessauftakt war im Sommer 2012. Vor der 12. Großen Strafkammer musste sich eine Gruppe mutmaßlicher Neonazis verantworten. Sie wollte laut Anklage eine gewaltsame Revolution anzetteln: 26 Neonazis im Alter von 19 bis 54 Jahren sollen über Jahre Linke attackiert, Hakenkreuze gesprüht, Scheiben eingeworfen, Reifen zerstochen und sogar einen Beamten mit einem GPS-Peilsender observiert haben. Die Anklageschrift umfasst knapp tausend Seiten.

 

Eine so lange Verfahrensdauer hatte das Landgericht laut der Sprecherin nicht erwartet. Zu Verfahrensbeginn sei ein Ergänzungsrichter hinzugezogen worden, dieser sei aber bereits für ein ausgeschiedenes Kammermitglied nachgerückt. "Ein weiterer Ergänzungsrichter steht nicht zur Verfügung."

 

Eine Verjährung einzelner Straftaten droht nach Angaben der Sprecherin derzeit nicht.

Aktenzeichen: 12 Kls - 2090 Js 29752/10