Auf Einladung der sächsischen AfD-Fraktion versammelten sich Vertreter von AfD und europäischer Rechtsaußen-Parteien zu einem „Russland-Anti-Sanktionsgipfel“ im Freistaat. Aus Russland kam ein Vertreter der Kommunistischen Partei.
Parlamentarier der AfD aus mehreren Bundesländern sowie europäische Rechtsaußen-Politiker trafen am vergangenen Wochenende im sächsischen Freiberg zu einem Kongress unter dem Titel „Zusammenarbeit statt Konfrontation“, der gegen die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland infolge der Krimannexion 2014 gerichtet war, zusammen. Organisiert wurde das Treffen von der sächsischen AfD-Landtagsfraktion. Überwiegend setzten sich die Kongressteilnehmer aus AfD-Abgeordneten zusammen: so kamen aus Brandenburg Martin Wiese und Christina Schade, aus Thüringen Corinna Herold und Thomas Rudy, aus Baden-Württemberg Emil Sänze, aus Berlin Hugh Bronson, aus Mecklenburg-Vorpommern Thomas de Jesus Fernandes, aus Sachsen-Anhalt Matthias Lieschke und Willi Mittelstädt sowie aus Sachsen Mario Beger, André Barth und Jörg Urban. Prominenteste Besucher waren der AfD-Bundesvize Alexander Gauland sowie der Landes- und Fraktionsvorsitzende aus Sachsen-Anhalt, André Poggenburg.
Auch Vertreter europäischer Rechtsparteien reisten zu der Konferenz an: Die FPÖ schickte gleich vier Teilnehmer, Bundesratsmitglied Hans-Jörg Jenewein, den Linzer Vizebürgermeister Detlef Wimmer, den Wiener Landtagsabgeordneten Wolfgang Jung sowie Mia Åkerblom, die im Gemeinderat von Linz sitzt. Vom belgischen Vlaams Belang erschien Frank Creyelman, der sich schon beim Krim-Referendum 2014 vom Kreml als Wahlbeobachter einspannen ließ. Vor Ort waren ferner Tomio Okamura von den tschechischen Rechtspopulisten „Freiheit und direkte Demokratie“ sowie der rumänische EU-Abgeordnete Laurențiu Rebega. Vonseiten der italienischen Lega Nord nahmen Fabrizio Ricca und Gianluca Savoini teil. Letzterer ist auch Vorsitzender einer prorussischen Vereinigung in Italien, der „Associazione Culturale Lombardia Russia“.
Stargast aus Russland
Besonders hervorgehoben wurde in Freiberg der Besuch von Alexander Juschenko als Stargast aus Russland, der als Duma-Abgeordneter dem Treffen offenbar einen offiziellen Anstrich geben sollte. Dass Juschenko lediglich im Ausschuss für Informationstechnologie und Kommunikation sitzt, und folglich außenpolitisch keine Rolle spielt, interessierte dabei wenig. Pikanterweise ist Juschenko aber auch gewählter Abgeordneter für die Kommunistische Partei, die in Russland zwar extrem nationalistische Inhalte vertritt, aber auch stramm stalinistisch ausgerichtet ist. Auf den Facebook-Profilen einiger AfD-Politiker sorgte dies für Unverständnis und wütende Kommentare: „Die AfD als Speichellecker der Sowjet-Kommunisten-Verherrlicher. Das muss man auch erst mal bringen, Herr Urban.“
Teilnehmer der Konferenz war auch Manuel Ochsenreiter, Chefredakteur der extrem rechten Zeitschrift „Zuerst!“ und zentrale Figur im pro-russischen Netzwerk der Neuen Rechten. Ochsenreiter trat in den letzten Jahren regelmäßig als rechter Eurasienbefürworter und Kremlpropagandist in Erscheinung. Er ist in dieser Rolle ein gefragter Interviewpartner für russische Medien und eng mit dem antiliberalen Rechtsintellektuellen und Putin-Berater Alexander Dugin verbandelt.
AfD-Parlamentarier mit Ochsenreiter im Donbass
Im vergangenen Jahr hatte Ochsenreiter in Berlin den Verein „Deutsches Zentrum für Eurasische Studien“ (DZES) gegründet, den er zusammen mit dem polnischen Rechtsaußen Mateusz Piskorski und dem Dugin-Gefolgsmann Leonid Savin betreibt. Piskorski wurde im vergangenen Jahr in Polen unter dem Vorwurf der Kooperation mit dem russischen Geheimdienst festgenommen und sitzt bis heute in Untersuchungshaft. Savin verbreitet unter anderem die Verschwörungstheorie, dass die Flüchtlingswelle der vergangenen Monate nach Europa eine „Migrationswaffe“ gesteuert aus den USA sei.
Ochsenreiter versucht bereits seit längerer Zeit, mit seinen Vorstellungen Einfluss auf AfD-Politiker zu nehmen. Und dort stößt scheint er immer wieder auf offene Ohren zu stoßen. Mit seinem „Zentrum“ organisierte Ochsenreiter im vergangenen Sommer eine Wahlbeobachtermission in den Donbass. Mit von der Partie waren der thüringische AfD-Parlamentarier Thomas Rudy, der auch an der Konferenz in Freiberg teilnahm, sowie der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Udo Stein. Zudem reiste Ochensreiter mit dem Bundesvorsitzenden der „Jungen Alternative“, Markus Frohnmaier, zu pro-russischen Events, so zu einer Konferenz nach Donezk im Mai 2015 oder nach Belgrad im November 2014. In seinem Magazin „Zuerst!“ wird wohlwollend über die AfD berichtet, im Februar rief Ochsenreiter dazu auf, die Rechtspopulisten zu wählen.
Resolution auf Kreml-Kurs
Auf der abschließenden Pressekonferenz am Sonntag sprach auch Andrej Tatarinow, ehemaliges Führungsmitglied der „Jungen Garde“, der Jugendorganisation der Putin-Partei „Einiges Russland“ und Direktor des „Zentrums für aktuelle Politik“ (ZAP), ein russischer Thinktank, der außerhalb des Landes völlig unbedeutend ist. Tatarinow nahm zusammen mit seinem Kollegen Victor Olevich an dem Treffen in Freiberg teil. Das ZAP gehört ebenfalls zu Ochsenreiters Netzwerk. In der aktuellen „Zuerst!“-Ausgabe ist Tatarinow mit einem ausführlichen Interview vertreten, er wird als „bekanntester Gegner von Homosexuellenparaden“ bezeichnet. Ochsenreiters DZES ist auch Mitherausgeber der deutschsprachigen Version der jüngsten ZAP-Broschüre.
Bei dieser Zusammensetzung überraschen die Forderungen der beschlossenen „gemeinsamen Erklärung“ wenig. Es wird nicht nur ein „sofortiges Ende der Sanktionen“ gefordert, sondern auch die bedingungslose Anerkennung der Annexion der Krim durch Russland, die angeblich durch einen „ordnungsgemäßen Ablauf des Referendums bestätigt“ worden sei. Ganz im Narrativ des Kremls findet der Konflikt in der Ostukraine nur als „Gewalt und der Aggression aus Kiew“ Erwähnung. Statt von einem militärischen Konflikt und der hybriden Kriegsführung Russlands wird in dem Beschluss ausschließlich davon gesprochen, dass „die Bürger im Donbass von ukrainischer Seite angegriffen“ würden. Den „europäischen Mainstream-Medien“ wirft man zudem eine „russlandfeindliche Berichterstattung“ vor.