Überraschende Niederlage bei der baden-württembergischen AfD: Ralf Özkara und nicht wie erwartet Alice Weidel wurde mit knappem Vorsprung an die Spitze der AfD gewählt.
Die baden-württembergische AfD hat eine neue Spitze: Beim Parteitag in
Sulz am Neckar wurden Ralf Özkara und Marc Jongen als Landessprecher
gewählt. Nicht gewählt wurde hingegen Alice Weidel, die als
Spitzenkandidatin der Landes-AfD für die Bundestagswahl eigentlich als
Favoritin ins Rennen gegangen war, sie unterlag in der Stichwahl gegen
Özkara mit 208 zu 224 Stimmen.
"Ich gehöre keinem Lager an", sagte Özkara nach der Wahl der Presse.
Trotzdem wurde er lautstark vor allem von Parteimitgliedern
beglückwünscht, die dem nationalkonservativen Flügel der AfD zuzurechnen
sind. Der 46-jährige gebürtige Schramberger ist der ehemalige
Büroleiter von Jörg Meuthen, dem AfD-Fraktionsvorsitzenden im
Stuttgarter Landtag. Der frühere Zeitsoldat und Verwaltungsangestellte
leitet derzeit eine Zeitarbeitsfirma für Pflegekräfte. Seinen Nachnamen
hat er von seiner türkischstämmigen Frau angenommen.
Beim Wahlduell mit Weidel war es nicht nur um die Personen gegangen. Im
Hintergrund stand der Fall Björn Höcke: Alice Weidel hat sich im
AfD-Bundesvorstand klar für einen Parteiausschluss des Thüringer
Rechts-Außen und damit für eine Abgrenzung vom nationalkonservativen
Flügel ausgesprochen. Die Unternehmensberaterin aus Überlingen will die
AfD vor allem als wirtschaftsliberale Partei positionieren. Özkaras
früherer Chef Meuthen hat gegen das Ausschlussverfahren gestimmt. Er
sucht die Nähe zum rechten Flügel. So war die Entscheidung zwischen
Weidel und Özkara auch als Entscheidung darüber wahrgenommen worden, wo
sich die Landes-AfD in der Frage Höcke positioniert.
Er trete an dafür, "dass jede Spalterei ein Ende hat", hatte Özkara in
seiner kämpferischen Bewerbungsrede ausgerufen. Sehe er sich die Partei
an, dann "kotzt es mich an". Das war direkt gegen die Befürworter des
Höcke-Ausschlusses gerichtet.
Während Weidels Rede, in der sie in etwas schneidendem Ton vor allem
über ihre eigene Arbeitsleistung sprach, war der Ortenauer
Landtagsabgeordnete Stefan Räpple einmal mehr negativ aufgefallen: In
lauten Zwischenrufen beschimpfte er Weidel als "Heuchlerin". Dafür wurde
er vom Versammlungsleiter gerügt und seinerseits von einem älteren
Parteimitglied als eine "Schande für die Partei" bezeichnet. Räpple
gehörte hernach zu den Gratulanten bei Özkara.
"Ich gehöre keinem Lager an" Ralf Özkara
Insgesamt war die Wahlentscheidung aber wohl nicht nur eine Richtungsentscheidung, bei einigen Parteimitgliedern im Saal dürften auch die Auftritte der beiden Kandidaten eine Rolle gespielt haben. Bei der Wahl des zweiten Sprechers bevorzugten sie denn auch gegenüber dem christlich-konservativen Landtagsabgeordneten Bernd Gögel den Karlsruher Marc Jongen. Der Hochschuldozent gilt als "Parteiphilosoph" der AfD, er nimmt zum Beispiel gegenüber dem Islam eine wesentlich liberalere Haltung ein als viele andere Mitglieder. Für einen der beiden Posten als stellvertretender Sprecher hatte sich der Freiburger Bundestagskandidat Volker Kempf beworben, konnte sich aber nicht durchsetzen.