Sulz am Neckar: Favoritin Weidel unterliegt bei AfD-Parteitag

Freude über den Sieg: AfD-Fraktionsvorsitzender Meuthen (l.) und der neue Landessprecher Özkara.
Erstveröffentlicht: 
05.03.2017

Überraschende Niederlage bei der baden-württembergischen AfD: Ralf Özkara und nicht wie erwartet Alice Weidel wurde mit knappem Vorsprung an die Spitze der AfD gewählt.

 

Die baden-württembergische AfD hat eine neue Spitze: Beim Parteitag in Sulz am Neckar wurden Ralf Özkara und Marc Jongen als Landessprecher gewählt. Nicht gewählt wurde hingegen Alice Weidel, die als Spitzenkandidatin der Landes-AfD für die Bundestagswahl eigentlich als Favoritin ins Rennen gegangen war, sie unterlag in der Stichwahl gegen Özkara mit 208 zu 224 Stimmen.

Sieg für das nationalkonservative Lager


"Ich gehöre keinem Lager an", sagte Özkara nach der Wahl der Presse. Trotzdem wurde er lautstark vor allem von Parteimitgliedern beglückwünscht, die dem nationalkonservativen Flügel der AfD zuzurechnen sind. Der 46-jährige gebürtige Schramberger ist der ehemalige Büroleiter von Jörg Meuthen, dem AfD-Fraktionsvorsitzenden im Stuttgarter Landtag. Der frühere Zeitsoldat und Verwaltungsangestellte leitet derzeit eine Zeitarbeitsfirma für Pflegekräfte. Seinen Nachnamen hat er von seiner türkischstämmigen Frau angenommen.

Beim Wahlduell mit Weidel war es nicht nur um die Personen gegangen. Im Hintergrund stand der Fall Björn Höcke: Alice Weidel hat sich im AfD-Bundesvorstand klar für einen Parteiausschluss des Thüringer Rechts-Außen und damit für eine Abgrenzung vom nationalkonservativen Flügel ausgesprochen. Die Unternehmensberaterin aus Überlingen will die AfD vor allem als wirtschaftsliberale Partei positionieren. Özkaras früherer Chef Meuthen hat gegen das Ausschlussverfahren gestimmt. Er sucht die Nähe zum rechten Flügel. So war die Entscheidung zwischen Weidel und Özkara auch als Entscheidung darüber wahrgenommen worden, wo sich die Landes-AfD in der Frage Höcke positioniert.

 

Weidel als Heuchlerin bezeichnet


Er trete an dafür, "dass jede Spalterei ein Ende hat", hatte Özkara in seiner kämpferischen Bewerbungsrede ausgerufen. Sehe er sich die Partei an, dann "kotzt es mich an". Das war direkt gegen die Befürworter des Höcke-Ausschlusses gerichtet.


Während Weidels Rede, in der sie in etwas schneidendem Ton vor allem über ihre eigene Arbeitsleistung sprach, war der Ortenauer Landtagsabgeordnete Stefan Räpple einmal mehr negativ aufgefallen: In lauten Zwischenrufen beschimpfte er Weidel als "Heuchlerin". Dafür wurde er vom Versammlungsleiter gerügt und seinerseits von einem älteren Parteimitglied als eine "Schande für die Partei" bezeichnet. Räpple gehörte hernach zu den Gratulanten bei Özkara.

 

"Ich gehöre keinem Lager an" Ralf Özkara

Insgesamt war die Wahlentscheidung aber wohl nicht nur eine Richtungsentscheidung, bei einigen Parteimitgliedern im Saal dürften auch die Auftritte der beiden Kandidaten eine Rolle gespielt haben. Bei der Wahl des zweiten Sprechers bevorzugten sie denn auch gegenüber dem christlich-konservativen Landtagsabgeordneten Bernd Gögel den Karlsruher Marc Jongen. Der Hochschuldozent gilt als "Parteiphilosoph" der AfD, er nimmt zum Beispiel gegenüber dem Islam eine wesentlich liberalere Haltung ein als viele andere Mitglieder. Für einen der beiden Posten als stellvertretender Sprecher hatte sich der Freiburger Bundestagskandidat Volker Kempf beworben, konnte sich aber nicht durchsetzen.