Polizeikessel am Landgericht - Strafverfahren nach Protest gegen AfD-Demo mehrheitlich eingestellt

Erstveröffentlicht: 
19.02.2017

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat sämtliche Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Polizeikessel am Rande einer AfD-Kundgebung im November 2015 abgeschlossen. In fast allen Fällen endeten die Ermittlungen mit einer Einstellung. Das Ordnungsamt verschickte jedoch zahlreiche Bußgeldbescheide wegen des Vorwurfs einer unerlaubten Ansammlung. Es mussten allerdings wohl nur jene Betroffenen zahlen, die dagegen keinen Einspruch eingelegt hatten.

 

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat sämtliche Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Polizeikessel am Rande einer AfD-Kundgebung im November 2015 abgeschlossen. Dies teilte die Behörde auf Anfrage der L-IZ mit. Die Mehrheit der Verfahren endete mit einer Einstellung.

 

Am 18. November 2015 hatten sich rund 250 AfD-Anhänger auf dem Simsonplatz vor dem Bundesverwaltungsgericht versammelt. Auf der Bühne sprachen neben Parteichefin Frauke Petry unter anderem der sächsische Generalsekretär Uwe Wurlitzer und der Leipziger Kreisvorsitzende Siegbert Droese. Sowohl auf dem Simsonplatz selbst als auch vor dem gegenüberliegenden Landgericht protestierten insgesamt mehrere hundert Menschen spontan gegen die AfD. In der Nähe fand zudem eine angemeldete Gegenkundgebung statt.

 

Mehr als 50 Personen landeten wegen einer angeblich unerlaubten Ansammlung vor dem Landgericht in einem Polizeikessel. Dabei handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 1.000 Euro geahndet werden kann. Gegen 17 Personen ermittelte zudem die Staatsanwaltschaft Leipzig. Die Beschuldigten wurden verdächtigt, sich gegen die Polizeibeamten gestemmt und somit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet zu haben. Abgesehen von einem Strafverfahren, das an eine andere Staatsanwaltschaft abgegeben wurde, sind mittlerweile alle Ermittlungen beendet.

 

„In zehn Verfahren hat die Staatsanwaltschaft von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, wegen Geringfügigkeit von der Verfolgung abzusehen, weil die Schuld nur gering gewesen wäre und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestand“, teilte Staatsanwältin Jana Friedrich mit. „In einem weiteren Verfahren erfolgte eine Einstellung, da den Beschuldigten nicht nachzuweisen war, dass sie ein über den Köpfen gehaltenes Transparent festhielten, um eine Identitätsfeststellung zu verhindern.“

 

Bei einem anderen Beschuldigten stellte sich anhand von Videoaufzeichnungen heraus, dass dieser sich zwar in der Personengruppe befunden hatte, dort jedoch „ausschließlich passiver Beobachter“ blieb. Für jene 16 Beschuldigten, deren Verfahren die Staatsanwaltschaft Leipzig abgeschlossen hat, ergeben sich also keine strafrechtlichen Konsequenzen.

 

Allerdings verschickte das Ordnungsamt der Stadt Leipzig wegen des Vorwurfs der unerlaubten Ansammlung zahlreiche Bußgeldbescheide. Bereits Anfang 2016 hatten die Beschuldigten einen Anhörungsbogen der Zentralen Bußgeldbehörde erhalten. Das Ordnungsamt erklärte damals auf Anfrage, dass die Polizei „offenbar eine Gefährdung der öffentlichen Sicherung und Ordnung gesehen“ hätte und deshalb gegen die aus 57 Personen bestehende Gruppe vor dem Landgericht vorgegangen sei.

 

Laut Rechtsanwalt Jürgen Kasek legten etwa 30 Personen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Ordnungsamtes ein. Eines der daraus resultierenden Verfahren fand diese Woche am Amtsgericht statt: Es wurde eingestellt. Kasek hatte dabei argumentiert, dass die am 18. November 2015 erteilte Auflage, die Spontanversammlung lediglich um 15 bis 20 Meter zu verlegen, ungeeignet gewesen wäre, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schützen – zumal diese gar nicht gefährdet gewesen sei. In einem anderen Verfahren hätte ein Richter laut Kasek ähnlich argumentiert und somit die Rechtmäßigkeit des Polizeikessels infrage gestellt.

 

Dem Rechtsanwalt, der in dieser Sache mehrere Betroffene beraten und vertreten hat, sei kein Fall bekannt, in dem ein Einspruch ohne Erfolg geblieben ist. Die Richter hätten die entsprechenden Verfahren entweder noch vor Beginn oder spätestens während der Hauptverhandlung am Amtsgericht eingestellt. Laut Kasek gibt es aber auch Personen, die keinen Einspruch eingelegt haben und die Geldbuße somit zahlen mussten. Diese beträgt 100 Euro. Hinzu kommen Verwaltungsgebühren in Höhe von 28,50 Euro.