Aufmarsch am 13. Februar 2010 in Dresden: Björn Höcke Seit' an Seit' mit Neonazis

Aufmarsch am 13. Februar 2010 in Dresden: Björn Höcke Seit' an Seit' mit Neonazis 1
Erstveröffentlicht: 
13.02.2017

Schon 2010 hat sich der heutige AfD-Politiker Björn Höcke an einem Neonazi-Aufmarsch in Dresden beteiligt. Für den Zentralrat der Juden steht fest: Höcke ist ein Rechtsextremist.

von Matthias Meisner

 

"Sie standen da wie angenagelt, Backe an Backe und voller Wut. 5000 Rechtsextremisten wollten am Sonnabend, dem 65. Jahrestag der Bombenangriffe auf Dresden, durch die Stadt marschieren und den Kampf um die Bilder zu diesem symbolträchtigen Datum gewinnen." So begann vor sieben Jahren ein Tagesspiegel-Bericht über einen Neonazi-Aufmarsch zum 13. Februar.

Jetzt wurde bekannt: Eingereiht in den Aufmarsch hatte sich auch Björn Höcke, der heutige thüringische Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD. Und er hatte damit offenbar schon damals keine Berührungsängste mit Rechtsextremen. Höcke, jener Politiker also, gegen den der AfD-Bundesvorstand am Montag wegen rechter Ausfälle ein Parteiausschlussverfahren beschlossen hat.

Dokumentiert ist das Geschehen 2010 in dem 2012 erschienenen Kinofilm "Come Together" von Barbara Lubich, in dem das Gedenken rund um den 13. Februar thematisiert wird. In dem Film kommt nach gut einer Stunde Höcke kurz ins Bild. Zusammen mit vielen hundert Neonazis steht der damalige hessische Gymnasiallehrer am 13. Februar 2010 vor dem Dresdener Bahnhof Neustadt. Er trägt einen schwarzen Mantel, einen grauen Schal und eine schwarze Pudelmütze. Im Hintergrund ist eine thüringische Flagge zu sehen.

Die AfD Thüringen bestätigte die Teilnahme. Höcke habe dort "mit zwei Freunden an einer friedlichen Gedenkveranstaltung für die Opfer der Bombardierung Dresdens teilgenommen", zitierte die "Sächsische Zeitung" Parteisprecher Torben Braga. "Sie sind dort hingefahren, um sich einen Eindruck von der Veranstaltung zu verschaffen."

Welchen Eindruck Höcke von der Veranstaltung hatte, ist nicht überliefert. Unter Beobachtern allerdings gilt das Geschehen damals als Erfolg eines zivilgesellschaftlichen Protests gegen rechts. "Dank der Blockaden tausender Nazigegner blieben die braunen Geschichtsverdreher vor dem Bahnhof von Dresden-Neustadt eingepfercht", kommentierte Frank Jansen im Tagesspiegel. Und: "Der 13. Februar 2010 ist das Datum einer schweren Niederlage des Rechtsextremismus in Deutschland. Und eines großen Erfolges für die junge, oft noch ungefestigt erscheinende Demokratie im Osten."

An der rechtsextremen Demonstration am 13. Februar 2010 in Dresden beteiligt hatten sich auch der neurechte Ideologe Götz Kubitschek und seine Frau Ellen Kositza, wie es in einem Bericht des "Störungsmelders" heißt. Kubitschek ist heute ein wichtiger Bündnispartner von Höcke - er reiste zu dessen Dresdner Rede am 17. Januar im Ballhaus Watzke gemeinsam mit ihm an.

Höckes Beteiligung am Neonazi-Aufmarsch 2010 in Dresden weckt neue Zweifel, ob die offiziellen Distanzierungen der AfD von Rechtsextremisten glaubhaft sind. Erst Anfang Februar hatte der Vorstand der thüringischen AfD sich von dem rechtsextremen Pegida-Ableger Thügida distanziert und erklärt: "Es gibt keine Nähe zwischen der AfD Thüringen und Thügida! Jede Form der Zusammenarbeit zwischen AfD-Mitgliedern und Thügida stellt einen groben Verstoß gegen die Grundsätze und die Ordnung der Alternative für Deutschland dar und würde parteiordnungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Der Landesvorstand der AfD wird alle entsprechenden Vorfälle überprüfen."

Unmittelbar zuvor hatten AfD-Funktionäre aus Sachsen und Thüringen eine "Freiheitlich Patriotische Alternative" (FPA) gegründet, die sich noch rechts vom parteirechten Zirkel "Patriotische Plattform" verortet. Thügida-Vorstandsmitglied Uta Nürnberger wurde in den Gründungsvorstand der FPA berufen. Und einer der FPA-Initiatoren erklärte: "Selbstverständlich bin ich lieber mit Höcke Idealist als mit Petry und (dem nordrhein-westfälischen AfD-Chef und Petry-Ehemann, d. Red.) Pretzell Opportunist."

Zentralrat der Juden: Parteiausschluss von Höcke überfällig

Der Zentralrat der Juden nennt einen Ausschluss von Höcke aus der AfD überfällig. Der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, sagte am Dienstag: "Bevor der Wahlkampf in die heiße Phase tritt, sollte sich die AfD klar und eindeutig von Radikalen und Rechtsextremisten distanzieren. Uneinigkeit in der Parteispitze darf nicht dazu führen, Menschen eine Heimat in der Partei zu bieten, deren Gesinnung auch in der NPD zu finden sein könnte." Es wäre daher "der richtige und überfällige Schritt, Björn Höcke aus der Partei auszuschließen, aber ebenso konsequent gegen jedes andere rechtsextremistische Parteimitglied vorzugehen".

Gelinge diese klare Grenzziehung nicht, ergebe sich bei der AfD wie bei einem Puzzle das Bild einer Partei, die sich immer mehr vom Rechtspopulismus auf dem Weg zum Rechtsextremismus befinde. "Als Beleg dafür hatte ich bereits im Januar gesehen, dass sich die baden-württembergische Landtagsfraktion der AfD im vergangenen Jahr nicht dazu durchringen konnte, Wolfgang Gedeon aus ihrer Fraktion auszuschließen. In diesem Zusammenhang hatte ich Wolfgang Gedeon als Holocaust-Leugner bezeichnet. Diese Formulierung habe ich ausschließlich so gemeint, dass Wolfgang Gedeon in der Vergangenheit Dimension, historische Bedeutung und Einordnung des Holocaust bagatellisiert und relativiert hatte", sagte er.