Keine Abtreibungen mehr: Kritik an Klinik

Erstveröffentlicht: 
07.02.2017

Die Entscheidung der Capio Elbe-Jeetzel-Klinik in Dannenberg (Landkreis Lüchow-Dannenberg), künftig keine Abtreibungen mehr vorzunehmen, stößt auf Kritik. Politiker aus der Region wie auch Niedersachsens Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) bedauern die Entscheidung. Die Klinikleitung hingegen steht hinter ihrem Chefarzt. "Ich trage die Entscheidung mit", sagte Klinikchef Markus Fröhling am Montag. Der neue Chefarzt der Gynäkologie, Thomas Börner, hatte bei seinem Amtsantritt im Dezember 2016 den neuen Kurs verkündet. Er sei bekennender Christ und lehne Schwangerschaftsabbrüche ab. Im vergangenen Jahr hatte es in der Dannenberger Klinik 31 Schwangerschaftsabbrüche gegeben.

 

Persönliche Gewissensentscheidung des Chefarztes


"Ich habe nach der Maxime des Nicht-Tötungsgebotes auch schon nach meinem Abitur Zivildienst gemacht statt zur Bundeswehr zu gehen. In meinem 26-jährigen gynäkologischen Dasein habe ich immer nach dieser Maxime behandelt", sagte Börner im Gespräch mit NDR 1 Niedersachsen. Der Landrat des Kreises Lüchow-Dannenberg, Jürgen Schulz (parteilos), zeigte sich irritiert darüber, dass die persönliche Gewissensentscheidung des Chefarztes nun als Verhaltensvorschrift für das gesamte Klinikum gelten soll. Betroffene Frauen müssten nun auf andere Landkreise ausweichen und beispielsweise in eine Klinik in Uelzen, Lüneburg, Salzwedel in Sachsen-Anhalt oder Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern gehen. 

 

CDU will Zahl der Abtreibungen verringern


Es könne nicht angehen, dass ein "ganz wesentliches Recht, für das Jahrzehnte lang gestritten wurde", aus religiösen Gründen beschnitten werde, heißt von Seiten der FDP-Landtagsfraktion. Eine parlamentarische Anfrage an das Gesundheitsministerium dazu sei bereits in Arbeit. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU betonte, es müsse sichergestellt sein, dass die Schwangerschaftsabbrüche von anderer Stelle übernommen würden. Darüber hinaus solle aber grundsätzlich diskutiert werden, wie sich die Zahl der Abtreibungen reduzieren lasse, zum Beispiel durch Beratung. "Rechtlich nicht zu beanstanden, aber bedauerlich", nannte Thomas Schremmer von der Grünen-Landtagsfraktion die Entscheidung der Dannenberger Klinik. 

 

Ministerin droht mit Geldentzug


Gesundheitsministerin Rundt betonte, es sei ihr wichtig, dass Frauen den belastenden Eingriff in angemessener Entfernung zu ihrem Wohnort durchführen lassen könnten. Rundt drohte mit Geldentzug: "Bei der Förderung von Investitionen der Krankenhäuser obliegt es nach einer Änderung des Bundesrechts den Ländern, Qualitätskriterien zugrunde zu legen", sagte sie. "Eines dieser zahlreichen Kriterien kann gegebenenfalls auch die Sicherstellung von Schwangerschaftsabbrüchen im jeweiligen Einzugsbereich der Krankenhäuser sein."

 

"Laut Gesetz kann kein Arzt zu einem Schwangerschaftsabbruch verpflichtet werden", sagte hingegen Klinikchef Fröhling. Eine Begründung verlange das Gesetz nicht. "Wenn die Gesundheit der Frau in Gefahr ist, handelt es sich um eine medizinische Indikation, die natürlich auch bei uns behandelt werden würde", betonte Fröhling. 

 

Christliche Klinik-Konzerne lehnen Eingriffe ab


Erst kürzlich hat Ministerin Rundt mit dem Vorstand des christlichen Gesundheitskonzerns Agaplesion ein intensives Gespräch geführt, wie sie am Montag sagte. Ende vergangenen Jahres hatte nach einem Klinik-Zusammenschluss im Landkreis Schaumburg das neue Krankenhaus in Obernkirchen ebenfalls vor der Entscheidung gestanden, keine Schwangerschaftsabbrüche mehr anzubieten. Dort war es der Agaplesion-Konzern, der angekündigt hatte, die Eingriffe nicht zuzulassen. Schließlich gab es aber eine Lösung: Schwangerschaftsabbrüche werden nun - ausnahmsweise, wie der Konzern betont - in Kooperation mit niedergelassenen Ärzten angeboten. "Das Klinikum hat seine Unterstützung bei medizinischen Fragen zugesagt, um eine optimale medizinische Versorgung der Patientinnen zu gewährleisten", sagte Agaplesion-Sprecher Tino Drenger. Außerdem werde Agaplesion eine begleitende psychosoziale Betreuung anbieten und diese aus eigenen Mitteln finanzieren. 

 

Klinik-Fusion schafft Freiraum


Bei der Zusammenlegung des katholischen St. Willehad Hospitals und des städtischen Reinhard-Nieter-Krankenhauses in Wilhelmshaven gab es eine für die betroffenen Frauen erfreuliche Entwicklung: Im neuen kommunalen Klinikum bestimmt die katholische Kirche nun nicht mehr über die Richtlinien. Laut Gesetz dürfen dort seit Ende 2014 nun auch Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden.