Generalbundesanwalt fordert Kontrolle von Messengern

Erstveröffentlicht: 
05.02.2017

Bundesländer sollten den Staatsschutz organisieren wie das Land Berlin, sagt der oberste Ankläger Deutschlands. Seine Behörde brauche mehr Mitarbeiter und mehr Befugnisse bei verschlüsselter Kommunikation.

 

Generalbundesanwalt Peter Frank zieht Lehren aus dem Fall des mutmaßlichen Terroristen Anis Amri. Im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ lobt Frank die Zusammenarbeit mit der Berliner Staatsanwaltschaft und forderte, sie solle Vorbild für alle Bundesländer werden. In Berlin „gibt es eine eigene Staatsschutzabteilung, die sich nicht nur um Terrorismus, sondern auch um vorgelagerte Alltagskriminalität kümmert.

Solche zentralen Einheiten sind für uns in Karlsruhe ideale Ansprechpartner und Kompetenzzentren.“ Frank sagte der „Welt am Sonntag“, ähnliche Stellen gäbe es auch in München und Frankfurt am Main. „Ich würde mir das in allen Bundesländern wünschen.“

Weiteren Handlungsbedarf sieht der 48-Jährige bei der Überwachung von Mails und Messengerdiensten. „Rund 85 Prozent der Kommunikation von Tatverdächtigen kann heute von Strafverfolgern nicht überwacht werden, weil sie nicht mehr über das Telefon, sondern verschlüsselt über Mails, Messenger-Dienste oder Skype erfolgt. Die Regierung hat uns zugesagt, noch in dieser Legislaturperiode eine Rechtsgrundlage zu schaffen, um uns wieder auf Augenhöhe zu bringen“, sagte Frank.


Zahl der Verfahren gegen Terroristen steigt

Die Zahl der Verfahren gegen islamistische Terroristen sei stark angestiegen. „Wir haben allein 2016 über 200 Fälle mit diesem Hintergrund neu eingeleitet, die meisten – 140 Verfahren mit knapp 200 Beschuldigten – im Zusammenhang mit dem Konflikt in Syrien und im Irak“, so Frank. „Anfang 2014 waren es im Bereich des Syrien/Irak-Konflikts noch fünf Verfahren mit acht Beschuldigten!“

Hinzu kämen Verfahren gegen Taliban-Kämpfer, die sich in Deutschland aufhielten. Frank wünscht sich aus dieser Lage heraus mehr Mitarbeiter. „Wir haben derzeit rund 115 bis 120 staatsanwaltschaftliche Sachbearbeiter. Aber wenn ich mir die Vielzahl der Verfahren anschaue, bleibt es eng.“

Aus der Affäre um die Landesverrats-Ermittlungen des früheren Generalbundesanwalts Harald Range hat Justizminister Heiko Maas (SPD) nach Angaben Franks Konsequenzen gezogen: „Was die Frage von Weisungen anbelangt, hat Bundesjustizminister Maas vor kurzem für mehr Klarheit gesorgt: Weisungen dürfen in seinem Geschäftsbereich künftig nur noch schriftlich erteilt werden.“


„Stelle Weisungsrecht des Ministers nicht in Frage“

Range hatte Maas vorgeworfen, sich mit mündlichen Weisungen in die Ermittlungen gegen die Blogger des Internetportals „netzpolitik.org“ eingemischt zu haben und von einem „unerträglichen Eingriff“ in die Unabhängigkeit der Justiz gesprochen. Daraufhin war er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.

Frank sagte nun, er stelle das Weisungsrecht des Ministers nicht in Frage: „Dass eine Staatsanwaltschaft weisungsabhängig ist, hat seinen Ursprung im Demokratieprinzip: Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus.“

Das Bewusstsein, dass der Minister ihn jederzeit entlassen könne, schwebe nicht wie ein Damoklesschwert über ihm: „Wenn es über mir schwebte, könnte ich diese Behörde nicht führen. Ich treffe meine Entscheidungen nach Recht und Gesetz.“