»Legida« gibt auf: Rückzug von der Straße

Erstveröffentlicht: 
10.01.2017

1700 protestierten gegen kleine rechte Kundgebung in Leipzig / Mutmaßlich Linker verletzt Thügida-Teilnehmer in Saalfeld schwer

 

Das Legida-Organsiationsteam hat den Rückzug des rassistischen Bündnisses von der Straße angekündigt. »Wir werden uns hier auf der Straße zukünftig zurücknehmen«, sagte Mitorganisator Arndt Hohnstädter am späten Montagabend in Leipzig, wie ein im Internet veröffentlichten Video zeigt. Er begründete dies unter anderem damit, dass das Bündnis bei der derzeitigen Sicherheitslage nicht wöchentlich oder monatlich die Polizei in Anspruch nehmen könne, um seine Aufmärsche abzusichern. Hohnstädter sagte, es werde weiter Veranstaltungen von Legida geben, ließ aber offen, in welcher Form dies geschehen solle. Zunächst hatte die »Leipziger Volkszeitung« berichtet.

 

Zur vorerst letzten Demonstration des Bündnisses waren nach Angaben der Gruppe Durchgezählt zwischen 350 und 400 Teilnehmer gekommen. Erstmals war Legida am 12. Januar 2015 in Leipzig aufmarschiert. Damals hatte das Bündnis etwa 3000 Anhänger mobilisieren können. An sieben Gegendemonstrationen hatten sich rund 30 000 Menschen beteiligt.

 

Demozug "Leipzig nimmt Platz" erreicht mit 660-730 Menschen die Runde Ecke in #Leipzig. Vereinigt sich mit "a monday without you" #le0901 pic.twitter.com/W5aFzdv7zd

— Durchgezählt (@durchgezaehlt) January 9, 2017

 

Durchgezählt


Am Montagabend hatten rund 1700 Menschen gegen den zweiten Jahrestag der rassistischen Bewegung protestiert. Ein Bündnis aus Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und Privatpersonen hatte zu mehreren Protestveranstaltungen aufgerufen. In der Nikolaikirche fand zudem ein Friedensgebet statt, mit dem ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und für eine offene, vielfältige und tolerante Gesellschaft gesetzt werden sollte. Der Leipziger »Pegida«-Ableger »Legida« konnte Schätzungen zufolge rund 400 Anhänger mobilisieren. Die Polizei war mit mehreren Hundert Beamten im Einsatz.

 

Bei dem Friedensgebet wandte sich der Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche, Bernhard Stief, gegen »rassistische und fremdenfeindliche Töne in unserem Land«. Zugleich betonte er: »Wir wollen nicht übersehen, wenn uns aktuelle Ereignisse zu denken geben.« Dazu zählte der Pfarrer zahlreiche Kriege auf der ganzen Welt.

 

»Nach knapp zwei Jahren ist von 'Legida' nicht viel mehr als ein Häufchen Elend übrig, auch weil es in Leipzig zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen rassistische Umtriebe gibt«, sagte Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (LINKE) auf der Kundgebung des Bündnisses »Leipzig nimmt Platz«. Ein Grund zum Feiern sei dies aber nicht. Auch in Leipzig habe sich einiges verändert in den letzten zwei Jahren. »Die Leipziger Neonaziszene ist inzwischen gut vernetzt in die rassistischen Bewegungen hinein«, sagte Nagel.

 

Von der Zahl der Gegendemonstranten zeigten sich Polizei und Ordnungsamt unterdessen überrascht. »Wegen wesentlich höherer Teilnehmerzahl« mussten Protestteilnehmer kurzfristig eine andere Route nehmen, twitterte die Polizei. Gleich mehrere Gegendemonstrationen führten zum Waldplatz unweit der Leipziger Innenstadt. »Legida« startete direkt in der Nähe mit einer Demonstration, die auch am jüdischen Zentrum Leipzigs, dem Ariowitsch-Haus, vorbeikam. Diese Routenführung hatte vorab zu Kritik an der Stadtverwaltung geführt. Auch die Erlaubnis der Behörde, die Band »Kategorie C« bei »Legida« auftreten zu lassen, die der rechtsextremen Hooliganszene zugeordnet wird, wurde kritisiert. Bewohner des Waldstraßenviertels, durch das »Legida«-Anhänger marschierten, ließen aus Protest die »Ode an die Freude« von Friedrich Schiller aus ihren Fenstern erklingen.

 

Die »Legida«-Kundgebung sowie die Gegenproteste fanden unter einem hohen Polizeiaufgebot statt. Mehrere hundert Beamte waren mit Hubschraubern, Räumpanzern, Wasserwerfern und der Reiterstaffel im Einsatz. Im vergangenen Jahr war es zum ersten »Legida«-Jahrestag im linksalternativen Stadtteil Connewitz zu heftigen Randalen gekommen. Dabei hatten vermutlich vor allem rechte Randalierer Geschäfte und Häuser angegriffen. Zudem wurden fünf Polizisten bei den Ausschreitungen verletzt. Die Randale hatten bundesweit für großes Aufsehen gesorgt. 

 

Mutmaßlich Linker verletzt Thügida-Teilnehmer schwer


Nach einer Demonstration des rassistischen Thügida-Bündnisses in Saalfeld sind drei Teilnehmer verletzt worden. Wie die Polizei am Montagabend mitteilte, wurde ein junger Mann festgenommen, den sie der linken Szene zuordnet. Er soll einen der Verletzten unter anderem gegen den Kopf getreten haben, als dieser bereits am Boden lag, und ihm so schwere Verletzungen zugefügt haben. Gegen ihn wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt, gegen weitere Beschuldigte wegen Körperverletzung.

 

Gegen Teilnehmer von Thügida prüft die Behörde den Verdacht der Nötigung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger extrem rechter Organisationen. Am Montagabend protestierten etwa 150 Menschen auf drei Protestveranstaltungen gegen rund 85 Rechte des Pegida-Ablegers. 

 

2000 Rechte demonstrieren bei Pegida in Dresden


In Dresden kamen rund 2000 Rechte zu der Pegida-Demonstration am Montagabend. Hier fiel die Gegenkundgebung deutlich kleiner aus als in Leipzig. Nur etwa 100 Menschen protestierten gegen die rassistische Veranstaltung, meldete »Durchgezählt« auf Twitter.

 

Lutz Bachmann, Gründer der rassistischen und islamfeindlichen Pegida-Bewegung, muss sich am Dienstag erneut vor Gericht verantworten. Grund für die Verhandlung vor dem Dresdner Landgericht sind Kommentare im Netz mit beleidigendem Inhalt. Der Dresdner Verein »Mission Lifeline« hatte auf Unterlassung geklagt. Bachmann soll die Hilfsorganisation auf Facebook als eine dieser »kriminell agierenden, privaten Schlepperorganisationen« und als »Gesetzesbrecher« bezeichnet haben.

 

Laut Gericht muss Bachmann nicht persönlich erscheinen. Weitere Verhandlungstermine gibt es bisher nicht. Erst Ende November war Bachmann wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

 

nd mit Agenturen