Der rechtsextreme Liedermacher Lunikoff soll ein Konzert gegeben haben - ohne dass die Behörden etwas davon mitbekamen.
Von Julia Lappert
Glauchau. Mehrere Autos mit Kennzeichen, die auf eine weite Anreise hindeuten, sind am Heizkraftwerk (HKW) in Glauchau gesehen worden. Ungewöhnlich für einen Sonntagabend, an dem die Straßen in Glauchau sonst eigentlich leer gefegt sind. Doch nach Informationen, die der "Freien Presse" vorliegen, hat im HKW in der Albanstraße an jenem 27. November ein Neonazi-Konzert stattgefunden.
Die rund 25 Besucher kamen den Nummernschildern zufolge nicht nur aus der Region, sondern auch aus den Landkreisen Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen und Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Gespielt haben soll der rechtsextreme Liedermacher Michael Regener, der in der rechten Szene unter dem Pseudonym Lunikoff bekannt ist. Im Internet ist ein Foto zu finden, das im Heizkraftwerk aufgenommen wurde und den Sänger gemeinsam mit einem mutmaßlichen Glauchauer Neonazi zeigt.
Laut dem sächsischen Verfassungsschutzbericht von 2015 ist Regener einer der bekanntesten Personen der rechtsextremistischen Musikszene in Deutschland. Er war Frontmann der Band Landser, die 2001 vom Bundesgerichtshof als kriminelle Vereinigung verurteilt wurde. Für über drei Jahre saß Regener deshalb und wegen anderer Straftaten im Gefängnis, was ihm in der Szene eine Art Märtyrerstatus einbrachte. Schon während des Prozesses gründete er eine neue Band, die Lunikoff Verschwörung. Regener tritt mit der Band auf Konzerten oder als Solist bei rechtsextremistischen Liederabenden auf. Um einen solchen dürfte es sich aufgrund der relativ geringen Besucherzahl auch im HKW gehandelt haben.
Das Konzert war offenbar möglich, ohne dass die Behörden davon etwas mitbekommen haben. Sowohl die Stadtverwaltung als auch die Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz erfuhren erst durch die Anfrage der "Freien Presse" davon.
"Wir bedauern es sehr, dass eine solche Veranstaltung in Glauchau stattfinden kann", sagt Glauchaus Oberbürgermeister Peter Dresler (parteilos). Die Informationen würden sehr ernst genommen und die Aufmerksamkeit erhöht. "Zu dem Abend liegen uns keine Erkenntnisse vor", sagte Martin Döring, Pressesprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz. Ähnlich lautete auch die Antwort der Polizei.
Der Inhaber des Heizkraftwerkes äußerte sich gegenüber "Freie Presse" nicht zu dem Konzert. Inwiefern er wusste, an wen er vermietet hat, ist nicht klar. "Im günstigsten Fall ist der Eigentümer ausgetrickst worden", sagte OB Dresler.
Offenbar war das Konzert als Privatveranstaltung getarnt, obwohl Eintritt verlangt worden sein soll. Rechtsverstöße sind weder der Polizei noch dem Glauchauer Ordnungsamt bekannt.
Zum rechtsextremen Musiker Michael Regener aus Berlin, der unter dem Pseudonym Lunikoff auftritt, finden sich etliche Einträge im sächsischen Verfassungsschutzbericht 2015. Lunikoff hat fünfmal in Sachsen gespielt. Unter anderem im Dezember 2015 in Oberlungwitz.
Im Landkreis Zwickau werden der rechtsextremistischen Szene etwa 200 bis 250 Personen zugerechnet, die häufig subkulturell strukturiert ist. Im vergangenen Jahr wurden im Landkreis 156 rechtsextremistische Straftaten (2014: 137) begangen, davon zwölf Gewalttaten (2014: 4). (jla)