Seit ein rechtsextremer „Reichsbürger“ im Oktober einen bayerischen Polizisten erschoss, sind die Behörden alarmiert. Offenbar zurecht.
Würzburg. Die Verdachtsfälle sogenannter Reichsbürger in der Polizei nehmen weiter zu. In Bayern sei gegen eine Polizeibeamtin ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, teilte das Polizeipräsidium Unterfranken am Samstag mit. Es bestehe der Verdacht, dass die Polizistin dem Gedankengut der "Reichsbürger" nahe stehe. Einzelheiten zur Herkunft der Frau wurden nicht genannt.
Die sogenannten Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Mitte Oktober hatte ein 49-Jähriger, der sich selbst als "Reichsbürger" bezeichnet, in Georgensgmünd bei Nürnberg auf Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos geschossen und dabei einen 32-jährigen Beamten tödlich verletzt.
Vergangene Woche war bekanntgeworden, dass der "Reichsbürger" Kontakt zu zwei Polizisten aus Mittelfranken pflegte. Die beiden Beamten – ein 49 Jahre alter Oberkommissar und ein 50 Jahre alter Hauptkommissar – wurden vom Dienst suspendiert.
Verdachtsfälle in mehreren Bundesländern
In Sachsen-Anhalt laufen derzeit vier Disziplinarverfahren gegen Polizeibeamte, drei seien bereits suspendiert worden, teilte das Innenministerium in Magdeburg mit. Insgesamt gebe es in Sachsen-Anhalt etwa 80 "Reichsbürger". Ein Viertel von ihnen habe Bezüge zu Rechtsextremisten. In Sachsen meldeten die Behörden zuletzt einen Verdachtsfall innerhalb der Polizei. Bei zwei weiteren Fällen gebe es noch keine "konkretisierenden Hinweise".
Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen sind derzeit fünf Verdachtsfälle anhängig. Gegen zwei Beamte, die Sympathisanten der Gruppierung sein sollen, wurde bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Gegen drei weitere Polizisten prüfe das Land ein solches Verfahren. Der Verfassungsschutz geht derzeit von bis zu 300 "Reichsbürgern" in Nordrhein-Westfalen aus. In Hamburg schätzen die Behörden die "Reichsbürgerbewegung" auf rund 50 Personen.