CDU-Vize fordert drastische Verschärfung der Abschiebepraxis

Erstveröffentlicht: 
28.11.2016

Baden-Württembergs Innenminister Strobl will Hürden für Abschiebungen senken, Sozialleistungen kürzen und Rückführungszentren in Afrika errichten. Die SPD ist empört.

 

Auf der Innenministerkonferenz Ende November soll eine drastische Verschärfung der Abschiebepraxis von abgelehnten Asylbewerbern diskutiert werden. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) will dazu ein entsprechendes Papier einreichen, das der dpa vorliegt. Strobl fordert demnach die Ausweitung der Abschiebehaft, die Kürzung von Sozialleistungen und ein Rückführungszentrum in Ägypten.

 

Die konkreten Vorschläge kommen, nachdem Strobl vor einer knappen Woche im Interview mit ZEIT ONLINE gesagt hatte, dass es zusätzliche Anstrengungen brauche, um ausreisepflichtige Menschen in Deutschland abzuschieben. "Wir brauchen beides: Herz und Härte", hatte der CDU-Vize gesagt. Zwar müssten politisch Verfolgte aufgenommen und integriert werden. Allerdings würden auch viele Flüchtlinge straftätig. "Ich bin nicht bereit, diese massive, importierte Kriminalität zu akzeptieren."

 

In seinem Papier für die Innenministerkonferenz fordert Strobl nun, dass Menschen ohne Schutzstatus zeitnah in ihr Heimatland zurückkehren oder in einen sicheren Drittstaat überstellt werden sollen. Ausländer, die Straftaten begehen oder über ihre Identität täuschen, dürften kein Aufenthaltsrecht erhalten. Verschärfte Sanktionen drohten auch bei falschen Angaben und der Verweigerung beim Mitwirken bei der Passbeschaffung. Auch sollen Schutzberechtigte, die in ihren Herkunftsstaat zurückkehren, um beispielsweise Urlaub zu machen, ihren Asylstatus verlieren.

 

Für die Abschiebehaft sollen die Haftgründe erweitert werden, heißt es in dem Papier. Zudem müssten die Hürden für Abschiebungen gesenkt werden. "Ausländer können sich nicht darauf berufen, dass eine Erkrankung einer Rückführung entgegensteht, wenn die Erkrankung bereits vor der Einreise bestanden hat." Rasch sollten auch alle im Mittelmeer in Seenot geretteten Flüchtlinge direkt insbesondere nach Ägypten gebracht werden. Hierfür müssten dort Rückführungszentren eingerichtet werden. 

 

"Bauchschmerzen" mit Blick auf Afghanistan


Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge solle schneller Anträge von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten bearbeiten. Das solle Abschiebungen nach beispielsweise Afghanistan schneller machen. Der Innenminister von Schleswig-Holstein, Stefan Studt (SPD), äußerte Bedenken gegen die Einstufung von Afghanistan als sicheres Herkunftsland. Er habe dabei "Bauchschmerzen", sagte er ZEIT ONLINE. "Die Lage in Afghanistan ist für uns schwierig zu beurteilen. Wir sind dabei von den Berichten abhängig, die wir vom Bundesaußenministerium bekommen", sagte Innenminister Studt.

 

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion äußerte Kritik. "Wir haben genug getan, um Abschiebehindernisse zu beseitigen", sagte Burkhard Lischka der Rheinischen Post. "Herr Strobl wäre gut beraten, sich als Landesinnenminister erst einmal darum zu kümmern, dass die neuen Abschieberegeln konsequent angewendet werden", sagte Lischka. Zudem sei es Strobl bisher nicht gelungen, seinen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) zu überzeugen, im Bundesrat für die Ausweitung der sicheren Herkunftsländer zu stimmen. 

 

SPD nennt Forderungen Populismus


SPD-Generalsekretärin Katarina Barley hält Strobls Forderungen für Populismus. Der CDU-Vize schere alle Flüchtlinge, egal ob mit guter Bleibeperspektive oder mit ernsthaften Erkrankungen, über einen Kamm, sagte Barley der Passauer Neuen Presse. "Nach der CSU bedient jetzt auch die CDU populistische Parolen." Beide Parteien müssten sich fragen, wofür das C in ihrem Namen noch stehe.

 

Von einer Obergrenze spricht Strobl in seinem sechsseitigen Papier nicht. Jedoch von einem "Dachgesetz zur Zuwanderung" als zentralem Projekt einer von der CDU geführten Bundesregierung. CSU-Chef Horst Seehofer hatte eine Begrenzung der Zuwanderung zur Bedingung für eine erneute Regierungsbeteiligung seiner Partei nach der Bundestagswahl gemacht.