Der Bundesgerichtshof hat nach langer Prüfung das Urteil gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning bestätigt. Die gegen den 95-Jährigen verhängte vierjährige Haftstrafe ist damit rechtskräftig.
Im Fall des früheren SS-Manns Oskar Gröning hat der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals eine Verurteilung wegen Beihilfe zum massenhaften Mord in einem NS-Vernichtungslager höchstrichterlich bestätigt. Der Schuldspruch gegen den 95-Jährigen sei rechtskräftig, teilte der BGH mit.
Die Karlsruher Richter verwarfen demnach bereits am 20. September die Revisionen, die Gröning selbst sowie mehrere Nebenkläger eingelegt hatten. Diese wollten, dass der von Medien "Buchhalter von Auschwitz" genannte Gröning als Mittäter bestraft wird.
Gröning war im Juli 2015 vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Sowohl Nebenklage als auch Verteidigung legten Revision ein. Der frühere Freiwillige der Waffen-SS hatte eingeräumt, Geld aus dem Gepäck der Verschleppten gezählt und weitergeleitet zu haben.
Das Gericht wertete diese Arbeit in Auschwitz zwischen 1942 und 1944 als Beitrag zum Funktionieren der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie. Gröning wurde damit sieben Jahrzehnte nach dem Holocaust wegen Beihilfe zum Massenmord verurteilt, ohne dass er an einzelnen Mordtaten direkt beteiligt war.
Der BGH hatte für die Prüfung des Urteils weit über ein Jahr benötigt, was zuletzt heftige Kritik hervorgerufen hatte. "Der Bundesgerichtshof lässt sich viel Zeit", sagte der Vize-Exekutivpräsident des Auschwitz-Komitees im August. Dabei werde sich seine Entscheidung auf alle weiteren derzeit angestrengten NS-Verfahren auswirken.
Mit der jetzigen Entscheidung wäre der Weg frei, auch anderen hochbetagten Helfern des NS-Regimes den Prozess zu machen: Jahrzehntelang wurden am Holocaust Beteiligte nicht zur Verantwortung gezogen, weil sie nicht selbst getötet hatten. Eine Wende leitete erst 2011 das Urteil gegen den früheren Sobibor-Aufseher John Demjanjuk ein. Dessen Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord an 28.000 Juden wurde jedoch nie rechtskräftig, da Demjanjuk vorher in einem Pflegeheim starb.
Ob Gröning nun tatsächlich ins Gefängnis muss, hängt von seinem Gesundheitszustand ab. Nun muss die Staatsanwaltschaft in einem separaten Verfahren entscheiden, ob er haftfähig ist. In Anbetracht seines Alters gilt dies als eher unwahrscheinlich.