Das Foto zeigt eine CD mit Koranversen, verpackt in einer Plastik-Schutzhülle. Wer sie öffnet, wird angeblich vergiftet. Eine Welle der Hysterie schwappt deswegen in Leipzig aktuell durch soziale Netzwerke. Die Polizei spricht von einem Fake und warnt vor dem Weiterversenden.
„Falls ihr das in eurem Briefkasten findet: Auf gar keinen Fall öffnen“, sagt die unbekannte junge Frau in ihrer Sprachnachricht. „Da drin ist ein chemisches Pulver, das ist sehr giftig und kann schon beim Einatmen in die Lungen kommen. Ein Freund von Max hat den Brief geöffnet und liegt jetzt im Krankenhaus.“
Tausendfach wurde das glaubhaft wirkende Tondokument zusammen mit einem Foto seit Donnerstagabend in Leipzig versendet. In sozialen Netzwerken sowie bei Messengerdiensten wie Whatsapp oder Facebook verbreiteten auch andere ähnlich lautende Textbotschaften Hysterie. Das angehängte Bild zeigt eine oder mehrere CDs in einer Plastik-Schutzhülle. Darin steckt einen Zettel mit fünf Koranversen in türkischer Sprache. Stets heißt es: Die CD sei giftig, aus der Hülle entströme Gas oder sie sei mit einer gefährlichen Substanz versehen.
Polizei: Geschichte vermutlich frei erfunden
Die Polizei spricht auf Nachfrage von LVZ.de von einem Fake, auch „Hoax“ genannt. Bislang sei kein einziger Fall bekannt, bei dem tatsächlich Menschen verletzt oder gar ins Krankenhaus gebracht werden mussten, sagte Sprecherin Maria Braunsdorf am Freitag. Es spreche viel dafür, dass die Nachricht frei erfunden sei. Eine Anzeige deswegen gebe es jedenfalls nicht. Dass solche CDs überhaupt in Leipzig kursieren, halten die Beamten für unwahrscheinlich. Denn: Die Kettenbriefe machen bereits seit Monaten im Netz die Runde. Auch Fälle aus Berlin und anderen Städten seien bekannt.
Warum die Hysterie-Nachricht aktuell wieder im Umlauf ist und von wem sie gestreut wurde, ist unklar. „Dazu laufen aktuell die Prüfungen“, so Braunsdorf. In der weiterversendeten Sprachnachricht wird auf „Islamisten“ als mutmaßliche Urheber Bezug genommen, wieder andere Absender machen „Nazis“ dafür verantwortlich. Die Leipziger Polizei hat wegen des aktuellen Falls alle ihre Dienststellen sensibilisiert. „Wir wissen um die Ängste, die daraus entstehen, bitten aber um Besonnenheit“, betont Braunsdorf.
Besorgte Eltern teilten Nachricht an Freunde
Meist basieren die Aussagen über vermeintliche Opfer auf Informationen von Freundesfreunden – es ist das übliche Phänomen, wenn sich Hysterie-Meldungen wie zuletzt im Oktober die von angeblichen Horror-Clown-Banden auf der Eisenbahnstraße im Netz wie ein Lauffeuer verbreiten. Es steht zu vermuten, dass auch die Sprachnachricht der unbekannten jungen Frau auf einem Irrglauben beruht. Am Freitag brachte sie in Whatsapp-Gruppen dennoch zahlreiche Eltern in Besorgnis – aus Sorge teilten sie das Schreiben mit Freunden im Netz, per E-Mail, Facebook-Messenger oder Whatsapp. „Das Ganze sah schon sehr echt aus“, sagte ein Vater, der den Kettenbrief ebenfalls erhielt, gegenüber LVZ.de.
Von Robert Nößler