Rechte Thügida-Demonstranten zogen am Mittwoch mit Fackeln durch Jena. Bis zu 1.500 Menschen demonstrierten gegen den Aufmarsch. Einige versuchten eine Absperrung der Polizei zu durchbrechen. Es gab fünf Festnahmen.
Bis zu 1.500 Menschen haben am Mittwoch in Jena am Jahrestag der Pogromnacht gegen einen rechtsextremen Thügida-Aufmarsch demonstriert. Wie die Polizei mitteilte, versuchten einige von ihnen zu Beginn eine Absperrung zu durchbrechen. Die Beamten setzten nach eigenen Angaben Pfefferspray ein und drängten die Teilnehmer zurück. Vier Polizisten seien dabei leicht verletzt worden. Fünf Gegendemonstranten wurden den Angaben zufolge vorläufig festgenommen. Die Polizei habe ein Aufeinandertreffen beider Seiten verhindert.
Beobachter sprachen von einer aggressiven Stimmung. Die Polizei brachte einen Wasserwerfer in Position. Zum Einsatz kam er nicht. Auch ein Hubschrauber kreiste über der Stadt. Nach Polizeiangaben zogen etwa 80 Thügida-Anhänger mit Fackeln und einem Sarg durch das Damenviertel. Die Polizei war mit mehreren hundert Polizisten aus Thüringen, Sachsen, Bayern und Berlin vor Ort.
Breites Bündnis gegen Thügida
Während des Zugs durch die Stadt versuchten Gegendemonstranten, mit
einem Wasserschlauch und Wasserbomben die Fackeln zu löschen. Auf einem
Transparent war zu lesen: "Auch mit Fackeln seid Ihr keine Leuchten".
Anwohner stellten Teelichter auf. Andere beschallten die rechten
Anhänger mit lautstarker Musik und Schlägen auf Töpfen. Über die
Fahrbahn spannten sie ein Transparent, auf dem Stand "Tolles Gefühl -
Laufen für Asyl".
Bürgerinitiativen, Kirchen und Parteien hatten
im Vorfeld zu friedlichen Protesten gegen den Fackelmarsch aufgerufen.
In der Stadt gab es zahlreiche bunte zivilgesellschaftliche Aktionen.
Nach Angaben der Polizei waren zwölf Gegenveranstaltungen, verteilt über
das Stadtzentrum, angemeldet.
Kritik an Genehmigung des Aufmarschs
Aufgrund des brisanten Datums stieß die Genehmigung des Thügida-Aufmarschs im Vorfeld auf massive Kritik. Die Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 war Auftakt der systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung.
Landtagspräsident Christian Carius (CDU) sagte, die Fackelkundgebung sei eine "geschichtsvergessene Zumutung". Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, sagte, "zum dritten Mal erleben wir in diesem Jahr in unserem Freistaat die genehmigte Glorifizierung nationalsozialistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Stadt Jena scheiterte vor Gericht
Die Stadt Jena wollte den Aufmarsch am 9. November verhindern. Per Auflagebescheid hatte die Stadt versucht, den Aufmarsch auf den 8. November zu verlegen. Der 9. November als Jahrestag der Reichspogromnacht von 1938 sei historisch vorbelastet. Rechtsextremistische Aufzüge sollten an diesem Datum daher nicht geduldet werde, so die Begründung. Das Oberverwaltungsgericht wertete das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit ähnlich wie zuvor das Verwaltungsgericht Gera allerdings höher. Das Thügida-Bündnis hatte zudem vor Gericht argumentiert, dass sich die Demonstration nicht auf die Pogromnacht 1938, sondern auf den Mauerfall 1989 beziehe.
Rechtsextreme hatten Jena dieses Jahr schon mehrfach für Aufmärsche an symbolischen Daten auserkoren, etwa am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers. Dabei waren die Demonstranten auf starken Widerstand gestoßen. Als Reaktion auf einen erneuten rechten Aufmarsch an einem sensiblen Datum prüft das Thüringer Innenministerium gegenwärtig landesrechtliche Regeln zu Demonstrationen an sogenannten sensiblen Tagen. Im Fokus stehen speziell Tage, an denen der Opfer des Nationalsozialismus und des Holocausts gedacht wird.