Gegen Fremdenhass - Schulz: Politik muss Rechtspopulisten mehr Bürgernähe entgegensetzen

Erstveröffentlicht: 
07.10.2016

Bei einem Kongress in Dresden sollen Antworten auf zunehmenden Fremdenhass gesucht werden. Zu den Teilnehmern zählt auch der EU-Parlamentspräsident. Er beklagt eine große Orientierungslosigkeit.

 

Dresden. In der Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz eine größere Nähe der Politik zu den Alltagssorgen der Menschen eingefordert. „Es gibt eine große Orientierungslosigkeit“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Wir erleben gewaltsame Konflikte in unserer europäischen Nachbarschaft, eklatante Gerechtigkeitsfragen stellen sich, und oft entsteht der Eindruck, dass sich Politik zu wenig um die Alltagssorgen der Menschen kümmert.“ 

 

Anti-Rassismus-Kongress in Dresden


Hier müsse angesetzt werden, „in dem wir Kita-Plätze schaffen, die Schulen unserer Kinder in Schuss halten und für bezahlbare Mieten sorgen“, sagte Schulz. „Dann können wir die Rechtspopulisten, die für alles einen Sündenbock, aber für nichts eine Lösung haben, wieder zurückdrängen.“

 

Schulz nimmt am Sonntag an einem Anti-Rassismus-Kongress in Dresden teil. In dessen Mittelpunkt steht die Suche nach Antworten auf zunehmende Fremdenfeindlichkeit. Mitveranstaltet wird der Kongress vom Verein Straßengezwitscher, der über Demonstrationen von Rechten und Angriffe auf Flüchtlingsheime informiert.

 

Kanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck und andere Gäste waren am Montag in der sächsischen Landeshauptstadt am Rande der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit von mehreren hundert Demonstranten beschimpft und angepöbelt worden, darunter vor allem Anhänger des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses. 

 

Schulz: Berichterstattung über Rechtspopulisten dürfe nicht dominieren


Schulz warf den Pegida-Anhängern einer Pervertierung des Satzes „Wir sind das Volk vor“, der ursprünglich „ein Ruf für Demokratie und für die Öffnung nach Europa“ gewesen sei. Zugleich attestierte er Rechtspopulisten Rückwärtsgewandtheit.

 

„Sie haben ein Familienbild, das aus den 50er Jahren stammt. Sie sind gegen Mindestlöhne“, sagte Schulz. „Und sie finden immer einen Schuldigen: Mal ist es der Islam, dann Europa und die vermeintliche politischen Eliten oder die "Lügenpresse", wie sie unsere freien Medien nennen. Mit ihren Methoden haben sie weltweit eine Stimmung geschaffen, die unsere Gesellschaften spaltet und Hass sät.“

 

Man müsse aufpassen, dass die Berichterstattung über die Rechtspopulisten nicht alles dominiere. „Nur weil sie am lautesten schreien, sind sie noch lange nicht in der Mehrheit. Im Gegenteil: Die meisten Menschen in Deutschland wollen in einem toleranten und freien Land leben. Sie sind gute Nachbarn, im Inneren und auch nach außen.“