Freiburg / Jena Spaltung der deutschen Burschenschaften wird besiegelt

Erstveröffentlicht: 
01.10.2016

Die Spaltung der Burschenschaften in Deutschland wird offiziell: Liberal-konservative Vereinigungen wollen einen neuen Dachverband gründen. Was sind die Hintergründe?

 

Von Thomas Steiner und dpa

 

27 Burschenschaften mit 3600 Mitgliedern wollen in Jena einen neuen Dachverband namens Allgemeine Deutsche Burschenschaft gründen, der sich von der Deutschen Burschenschaft (DB) absetzt. Es geht um einen politischen Konflikt zwischen liberal-konservativen Burschenschaften und konservativ-nationalistischen, der vor drei Jahren offen ausgebrochen war.

 

"Wir wollen ein Sprachrohr für die liberalen und liberal-konservativen Burschenschaften sein", sagt Ekkehard Gabriel. Der frühere Realschuldirektor ist Referent für burschenschaftliche Arbeit bei der Freiburger Burschenschaft Teutonia. Diese Vereinigung von Studenten und sogenannten Alten Herren war 2013 aus der Deutschen Burschenschaft ausgetreten. Insgesamt haben in den vergangenen Jahren 34 Burschenschaften den Verband verlassen. Die Deutsche Burschenschaft zählt nach eigenen Angaben aktuell noch 69 Vereinigungen und hat knapp 7000 Mitglieder.

 

Der DB wird vorgeworfen, nicht konsequent gegen rechtsextreme Strömungen in ihren eigenen Reihen vorgegangen zu sein. In der Tat stehen einige Burschenschaften im Visier der Verfassungsschützer, so etwa die Jenaer Burschenschaft Normannia. Es gebe "Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen", heißt es vom Innenministerium.

 

2012 hatte es einen Eklat beim Burschenschaftstreffen in Eisenach gegeben. Die eher liberaleren Burschenschaften hatten die Abwahl des Chefredakteurs der Verbandszeitung der DB gefordert, der sich durch rechtsextremistische Äußerungen diskreditiert hatte. Dies war jedoch an einer Mehrheit gescheitert. Außerdem übernahm seinerzeit eine österreichische Burschenschaft, die als politisch sehr weit rechts stehend gilt, den Vorsitz der DB.

 

Nach ihrem Austritt aus der DB war die Freiburger Teutonia laut Gabriel eine treibende Kraft bei der Gründung des neuen Dachverbandes, zusammen mit der Münchner Arminia-Rhenania und den Stuttgarter Burschenschaften Ghibellinia, Alemannia und Hilaritas. Vor der Gründung hat es sechs Tagungen gegeben, damit "auf der Basis eines gewachsenen Vertrauens und gemeinsamen Werteverständnisses die freiheitlichen Traditionen und Ideale der Burschenschaften wiederbelebt werden", wie der designierte Sprecher Michael Schmidt sagt. Der neue Dachverband will sich nicht nur namentlich in die Tradition jener Allgemeinen Deutschen Burschenschaft stellen, die 1818 ebenfalls in Jena gegründet wurde und in ihrem Programm für Religionsfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, das Recht auf freie Rede und die Pressefreiheit eintrat. Die Burschenschaften des 19. Jahrhunderts gelten heute als Vorkämpfer für Demokratie und nationale Einheit in Deutschland.

 

Demokratischer soll es auch im neuen Verband zugehen. "Es wird keine Gremien in Hinterzimmern geben," so Schmidt. Auf Jahreshauptversammlungen sollen ihm zufolge sämtliche Entscheidungen getroffen werden. Die Aktiven, also die noch im Studium befindlichen Mitglieder, werden in einem eigenen Kongress zusammentreten.

 

Die Burschenschaften im neuen Dachverband nehmen wie die im alten nur männliche Studenten auf. Im Gegensatz zu den meisten Burschenschaften der DB aber habe man nichts gegen Ausländer in den eigenen Reihen, so Sprecher Schmidt. Darüber hätten die jeweiligen Mitgliedsverbindungen selbst zu entscheiden.