Düsseldorf §129 b: Prozess ist ein Politikum

Nurhan Erdem und Cengiz Oban

Seit 11. März 2010 hoffen frustrierte deutsche  Strafverfolgungsbehörden nun wieder. Gelang ihnen bis jetzt die Verfolgung vermeintlicher "terroristischer Vereinigungen" in der Vergangenheit nicht ausreichend, so besteht erstmalig mit dem Konstrukt „§ 34 Außenwirtschaftsgesetz in Zusammenhang mit der EU-Terrorliste“  ein weit beliebigerer Anklagepunkt. Die seit 17 Monaten  in Untersuchungshaft befindlichen Nurhan Erdem, Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu werden mit der rechtlich umstrittenen Konstruktion verfolgt. Seit 11. März 2010 wird vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Düsseldorf gegen sie verhandelt.

 

Zu Beginn des ersten Verhandlungstages (9.30 Uhr) nach der Osterpause stellten die VerteidigerInnen Anträge.
Dabei ging es zum einen um die Menschenrechtslage in der Türkei, zum anderen um rechtliche Hinweise, die im Zusammenhang mit der Strafbarkeit nach dem Außenwirtschaftgesetz erteilt werden müssen. Der Antrag zur Menschenrechtslage in der Türkei wurde zurückgestellt.
Außerdem monierten die VerteidigerInnen irritierende Schriftstücke der Bundesanwaltschaft. Es schloss sich die weitere Vernehmung eines Belastungszeugen /BKA Beamten an. Allerhand Privates und Privatestes kam dabei an die Öffentlichkeit, zum Beispiel Fotos vom Strand oder vor dem Eiffelturm in Paris. Diese privaten Fotos waren bei der Verhaftung von Ahmet Istanbullu am am 5.November 2008 beschlagnahmt worden und wurden nun vor dem Staatsschutzsenat zum "Beweismittel erhoben".
Daneben verlas der Vorsitzende Richter Breitling Listen von Telefonverbindungen, dies zelebrierte er im Wechsel mit seinen Kollegen.
Gegen 11 Uhr nahm der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko DIE LINKE. im Zuschauersaal Platz. Andrej Hunko ist Mitglied der parlamentarischen Versammlung des Europarates, zur Zeit hat die Türkei den Vorsitz dort.
Verwundert zeigte sich Hunko darüber, dass auf der offiziellen Website des Oberlandesgerichtes Düsseldorf nicht der korrekte Verhandlungsbeginn angegeben war.
Durch diese Informationslücke verpasste Andrej Hunko den Verhandlungsbeginn und traf erst zum auf der Internetseite des OLG  Düsseldorf angegebenen Verhandlungsbeginn 11 Uhr ein.
Im Übrigen bezeichnete er den Prozess als ein Politikum und erklärte zur  Anklage, die überwiegend auf Grundlage des Außenwirtschaftgesetzes gründet: 
"Diese Konstruktion ist rechtlich sehr umstritten." . Tatsächlich betreffen konkrete Vorwürfe fast ausschließlich die Arbeit in legalen Kulturvereinen, Solidaritätsarbeit zur menschenrechtswidrigen Situation in türkischen Gefängnissen und finanzielle Unterstützung politischer Gefangener.
Der Belastungszeuge vom BKA wurde nach der Verlesung von rund 160 Telefonnummern nach den "Erkenntnissen des BKA" befragt:
"Sie haben zahlreiche Telefonnummern dargelegt. Was schließen Sie daraus?". Seine Antwort: "Ja, Ahmet Istanbullu hatte Kontakt mit Kadern und verhielt sich konspirativ.".  Immer wieder versucht das BKA zu belegen, dass Ahmet Istanbullu sich auch "Erdem"  nannte. Zu diesem Zwecke wurden selbst kleinste Notizzettel ausgewertet.
Als nun der Verteidigung das Recht zur ausführlichen Befragung zustand, nahte das Verhandlungsende. Für die nächsten Tage stehe er nicht zur Verfügung bekundete der Belastungszeuge vom BKA, er habe Urlaub. Ein Zuschauer, der Erfahrungen als Zeuge in einem anderen Prozess gesammelt hat, kommentierte: "Mich hat man als Zeuge nicht gefragt, ob ich Urlaub habe."

 

Nächste Termine: Oberlandesgericht Düsseldorf, Kapellweg 36, Zimmer Saal 1
Dienstag, den 20.April 9.15 - 17.00 Uhr
Mittwoch, den 21.April 9.15 - 17.00 Uhr
Donnerstag, den 22.April 9.15 - 17.00 Uhr
Dienstag, den 27.April 9.15 - 17.00 Uhr
Mittwoch, den 28.April 9.15 - 17.00 Uhr
Donnerstag, den 29.April 9.15 - 17.00 Uhr
Dienstag, den 4.Mai 9.15 - 17.00 Uhr
Mittwoch, den 5.Mai 9.15 - 17.00 Uhr

Das Prozessgebäude liegt etwa 4,4 Kilometer von dem Hauptgebäude entfernt.
ab Düsseldorf Hauptbahnhof
mit den S-Bahnen
S 8 Richtung Mönchengladbach Hbf/Europaplatz,
S 11 Richtung Bergisch-Gladbach,
S 28 Richtung Kaarster See
bis Haltestelle "Völklinger Straße"
mit der Straßenbahn-Linie 708 Richtung Düsseldorf-Hamm bis zur Haltestelle "Hemmersbachweg", sodann jeweils über die Plockstraße zum Kapellweg 36.