Rechtsextremismus in Anhalt-Bitterfeld Zahl rechter Zwischenfälle steigt weiter

Erstveröffentlicht: 
06.09.2016

Bitterfeld - Das „Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt“ (Projekt Gegenpart) hat für das erste Halbjahr knapp 300 rechte Straftaten in den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg sowie in der kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau registriert. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.

 

MZ-Redakteur Detmar Oppenkowski sprach mit Projektleiter Steffen Andersch über diese Entwicklung.

 

Die Zahlen sind enorm gestiegen. Wo machen Sie einen Schwerpunkt für diesen Anstieg aus?


Andersch: Nachdem Anhalt-Bitterfeld im vergangenen Jahr noch trauriger Spitzenreiter war, steht mittlerweile Dessau-Roßlau an erster Stelle bei den sogenannten rechten Ereignislagen.

 

Fast 40 Prozent der Meldungen sind dort registriert worden. Somit scheint die kreisfreie Stadt wieder operative Hochburg des organisiert verfassten und jugendkulturell geprägten Rechtsextremismus in der Region zu sein. Danach folgen Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg.

 

Wie schaut es genau in Anhalt-Bitterfeld aus?


Andersch: Wir haben auch dort einen Anstieg zu verzeichnen. Gab es im ersten Halbjahr 2015 noch 69 Ereignislagen, so sind es mittlerweile 98.

Vergleicht man die Zahlen genauer, so kann man feststellen: Während die Gewaltstraftaten rückläufig sind, steigen die rechtsextremen Veranstaltungen im öffentlichen Raum, die im Kontext von Flucht und Asyl stehen.

Oder anders ausgedrückt: Gab es im ersten Halbjahr 2015 eine neonazistische Gewaltserie gegen linke Akteure, so dominiert jetzt die verbale Bedrohung gegen Asylunterkünfte und Flüchtlingsunterstützer.

 

Bitterfeld war im vergangenen Jahr Hochburg von rechten Gewalttaten. Ist der Stadtteil immer noch ein Schwerpunkt?


Andersch: Der Aktionsradius hat sich von Bitterfeld nach Wolfen verschoben. Grund hierfür sind neonazistische Demonstrationen des Nationalen Kollektivs Anhalt, das vorher als Brigade Bitterfeld in Erscheinung getreten ist. Regelmäßige Aufmärsche im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asyl haben wir auch in Raguhn und Roitzsch verzeichnet.

 

Als Grund für viele dieser Proteste dient offensichtlich die sogenannte Flüchtlingskrise des vergangenen Jahres. Mittlerweile hat der Zustrom stark abgenommen. Macht sich das auch in Ihrer Arbeit bemerkbar?


Andersch: Zwar haben rassistische Mobilisierungen in den letzten Wochen in der Region leicht abgenommen, doch wie insbesondere unsere Chronik zeigt, verfestigt sich eine rechte „Alltagskultur“ immer mehr.