Umstrittenes Kampfsportevent in Leipzig

Erstveröffentlicht: 
28.08.2016

Es soll ein großes Spektakel werden. Ein Kampf der Gladiatoren. Das „Imperium Fight Team“ wirbt schon seit Wochen im gesamten Leipziger Stadtgebiet mit Plakaten, auf denen eingeölte Männer oberkörperfrei in römischer Kampfmontur martialisch posieren. Am vergangenen Samstag fand schließlich das sogenannte Free Fight Event im Leipziger Kohlrabizirkus statt. Das eigentliche Spektakel spielte sich um das Großevent herum ab.

 

Die fünfte „Imperium Fighting Championship“ ist eine umstrittene Kampfsportveranstaltung. Schon lange werden den Organisatoren Verbindungen zur rechten Szene vorgeworfen. Zahlreiche Hintergrundartikel rechnen nicht nur den Organisator und Trainer Benjamin Brinsa der gewaltbereiten Neonazi-Szene zu, sondern auch die „Imperium“-Teammitglieder Timo F., Christopher H. und Marcus K. Belege dafür sind unter anderen Augenzeugenberichte, die die vier bei dem Neonazi-Angriff auf Connewitz im vergangenen Januar gesehen haben wollen, sowie Fotos, die die Teilnahme einzelner an rechten Demonstrationen belegen. Auch waren die drei Letztgenannten nach Informationen der LIZ unter den Festgenommenen bei besagtem Angriff auf den alternativen Leipziger Stadtteil.

 

Bereits Wochen vor dem angesetzten Termin mobilisiert die antifaschistische Kampagne „Rechte Netzwerke zerschlagen“ gegen das Großevent und veröffentlicht mehrfach Hintergrundtexte zu den Veranstaltern. Ziel der Kampagne ist es, die „Zusammenhänge zwischen Neonazi-Organisationen, rassistischen Bewegungen, Rotlicht-Milieu, Security-Firmen, der Rockerszene, der Hooligan-Szene, der Kampfsportszene und anderen Milieus“ zu beleuchten. Offensichtlich mit Erfolg: mehrere Sponsoren sprangen aufgrund der Veröffentlichungen ab. Die Vermietung des Kohlrabizirkus äußert sich jedoch weiterhin nicht zu den mutmaßlichen Verbindungen zur rechten Szene.

 

Welche Gefahrenlage mit der Austragung des Events unweit des Leipziger Zentrums und des linksalternativen Stadtteils Connewitz schließlich aufkommt, wird auch am Freitagabend deutlich. Gegen 21:30 wird nach Aussagen von Augenzeugen der sich als progressiv verstehende und ebenfalls im Kohlrabizirkus befindende Club „Institut für Zukunft“ angegriffen. Etwa zwanzig bis dreißig Personen, zum Teil mit Eisenstangen bewaffnet, sollen demnach sowohl durch einen Zaun, als auch durch verschlossene Türen innerhalb des Gebäudes versucht haben, sich Zutritt zu den Clubräumen zu verschaffen.

 

Die Clubbetreiber sehen dies als „gezielten Angriff“ und verweisen auf das Gewaltpotential und die Verbindungen zur rechten Szene. Die von ihnen herbeigerufene Polizei jedoch dementiert, dass es Angriffe gegeben habe und macht Anhänger der „linksextremen Szene“ für das Entfernen der Zäune verantwortlich. Fragwürdig hierbei ist nicht nur die Beweislage und Zuordnung festgenommener Personen zur linken Szene, sondern auch, warum Anhänger der linken Szene einen in eben dieser beliebten Club angreifen sollten.

 

Am Samstagabend ist die Stimmung bereits beidseitig aufgeheizt. Rund um den Kohlrabizirkus hat die Polizei ein Kontrollgebiet eingerichtet. Während den gesamten Nachmittag über Zuschauer aus dem gesamten Bundesgebiet anreisen, liest man auffällig oft die Ziffern „18“ in den Autokennzeichen, ein in der rechten Szene beliebter Code, der für die Initialen Adolf Hitlers steht. Als die antifaschistische Gegendemonstration schließlich gegen 18:30 den Kohlrabizirkus erreicht, sind die meisten Zuschauer bereits im Gebäude. Einige Hunderte sammeln sich jedoch auf dem durch Zäune und Transparente abgesperrten Parkplatz des Kohlrabizirkus. Vom Dach hängt ein Banner: „Imperium Unbreakable“. Im Zuschauerraum der Halle befinden sich zu diesem Zeitpunkt nicht nur zahlreiche Rechtsextreme, sondern auch Mitglieder der Hells Angels-Rockergruppe.

 

Bei den anwesenden Gästen lassen sich zahlreiche rechte Szenecodes finden. Ob „18“ oder einschlägige Klammottenmarken wie Thor Steinar, die Vermutung, dass dies nebst Kampfevent auch ein Treffen rechter Strukturen ist, liegt nahe. Immer wieder sieht man zudem Fanutensilien des bei rechten Hooligans beliebten Fussballvereins „Lok Leipzig“.

 

Die Demonstration von Connewitz zum Kohlrabizirkus und zurück, verläuft mit etwa 1000 Personen friedlich. Auch kommt es während des gesamten Abends zu keiner direkten Konfrontation zwischen den Teilnehmenden der „Imperium Fighting Championship“ und den Gegendemosntranten. Ein Störungsmelder-Autor wird jedoch leicht verletzt, als Besucher des Kampfevents mehrere Pressevertreter mit Glasflaschen bewerfen. Noch vor Ort wird Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt, die Polizei nimmt einen mutmaßlichen Flaschenwerfer kurze Zeit später vorläufig fest.

 

Als das Event schließlich startet, ist die antifaschistische Demonstration bereits beendet. Mehrere Stunden bleibt es ruhig, als es plötzlich kurz vor Ende des Kampfes eine Bombendrohung im Kohlrabizirkus gibt. Die Polizei leitet „Maßnahmen“ ein, evakutiert wird jedoch nicht. Bis kurz vor Mitternacht kämpfen die Gladiatoren. Im Anschluss ziehen einige Zuschauer schließlich lautstark „Antifa-Hurensöhne“ gröhlend durch Leipzig und zünden mehrere Feuerwerkskörper. Immer wieder kommt es zu kleinen Feuerwerks-Explosionen in Wohngebieten und unweit einer Unterkunft für Geflüchtete. Wenige Stunden später wird im Stadtteil Reudnitz ein bekannter Neonazi mit einer Gaspistole festgenommen.

 

Als der Abend schließlich vorbei ist, wird neben der Bestätigung, dass sich auch bei der fünften Auflage des Events wieder Vertreter der rechten Szene im Kohlrabizirkus versammelten, vor allem eines deutlich: Das Gewaltpotential, das von der „Imperium Fighting Championship“ und ihren Gästen ausgeht, geht weit über den sportlichen Charakter im Boxring hinaus.