Als im August 2015 in einem ehemaligen Baumarkt im sächsischen Heidenau Flüchtlinge einziehen sollen, organisiert die NPD einen Protestmarsch, dem sich auch zahlreiche normale Bürger anschließen. Am Abend des 21. August kommt es zu Krawallen, die sich zu Straßenschlachten mit der Polizei entwickeln und sich am Folgetag wiederholen. Die Polizei geht mit Tränengas gegen die Randalierer vor. Am Jahrestag der Ereignisse waren die Politiker bemüht, ein anderes Bild der Stadt zu zeichnen.
Kritisch gegenüber den eigenen Bürgern, der eigenen Politik und den Medien hat sich der Bürgermeister von Heidenau während einer Pressekonferenz anlässlich des Jahrestages der fremdenfeindlichen Krawalle in seiner Stadt geäußert. Jürgen Opitz machte dabei aber auch deutlich, dass Heidenau nach den Ereignissen mit viel Mühe zur Normalität zurückkehrte.
So hätten Menschen, die am 21. August mitgelaufen waren, eine Woche später weinend vor seiner Tür gestanden und ihre Hilfe angeboten. Auch das sei Heidenau, so Opitz weiter. Heute wäre man wieder in der Normalität angekommen, auch weil rund 150 Flüchtlinge in der Stadt wohnen und Kinder über DAZ-Klassen integriert werden.
Dialog mit den Einwohnern
Er beklagte, dass von vielen Personen des öffentlichen Lebens ein klares Bekenntnis gegen Rassismus fehle. So auch bei manchem Bürger: "Ich frage immer: Seid ihr besorgt oder seid ihr Rassisten? Den Rassisten sage ich: Das wird nicht akzeptiert." Er selbst trage sein Herz auf der Zunge und versuche so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Das gelinge nicht immer. "Nicht alle Bürger erreicht man. Die Medien erreichen schon lange nicht mehr alle Bürger. Die kriegt man nur im Gespräch."
Die Stadt habe nach den Ausschreitungen deshalb versucht, so viele Menschen wie möglich zusammen zu bringen. So habe man für Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung beispielsweise Konzerte veranstaltet, um sie willkommen zu heißen. Die Veranstaltungen seien aber immer für alle Menschen gedacht gewesen. Dadurch würden sich jetzt auch Menschen in der Flüchtlingshilfe engagieren, die anfangs komplett dagegen waren.
Rassismus ein Relikt der Vergangenheit?
Vorwürfe, dass die Politik zu wenig gegen Rassismus getan habe, wies Opitz zurück. Rassismus habe sich in der Gesellschaft bei Einigen ungefiltert seit dem Ende des Nationalsozialismus über die DDR bis in die heutige Zeit gerettet, so Opitz weiter.
Gleichzeitig erteilte er den Demonstrationen, die am Jahrestag in Heidenau stattfanden, eine klare Absage. "Die Demos heute sind aus meiner Sicht völlig überflüssig. Sie nützen niemandem. Die Bevölkerung muss nicht aufgerüttelt werden. Ich sehe nicht, dass uns das demokratisch weiterbringt."
Ministerin räumt Fehler ein
Sachsen Integrationsministerin Petra Köpping sprach während der Pressekonferenz von Defiziten in der Vergangenheit. Man habe Heidenau und dem Bürgermeister versprochen, die Stadt nicht alleine zu lassen. Dennoch habe man die Sorgen der Menschen nicht ernst genug genommen. "Das tun wir jetzt", bekräftigte Köpping.
Sie verwies dabei auch auf insgesamt sechs Integrationsprojekte, die in und um Heidenau angesiedelt sind. Dass Menschen mit Flüchtlingen umgehen können, sei ein Prozess, der nur mit Hilfe eben dieser Projekte gelinge. "Das geschieht jedoch nicht über Nacht", so die Ministerin."Das muss jeden Tag passieren."
Protestmarsch in der Stadt
Nach Angaben des MDR SACHSEN-Reporters vor Ort war die Lage in der sächsischen Kleinstadt angespannt, blieb aber ruhig. Ein Hubschrauber der Polizei überwachte die Situation aus der Luft. Eine Hundertschaft der Polizei war vor Ort. Am Protestmarsch der Linken haben sich etwa 150 Menschen beteiligt.