[L] Widersacher wusste über Wagners Venedig-Deal und plante seine Verhaftung

Erstveröffentlicht: 
03.08.2016

Der Wirtschaftskrimi um das in finanzielle Schieflage geratene Internetunternehmen Unister und dessen tödlich verunglückten Gründer Thomas Wagner scheint eine weitere Wendung zu nehmen. Nun ist ein Mann aufgetaucht, der von Wagners zweifelhaften Geschäften wusste und ihn in Italien festnehmen lassen wollte.


Bei der neuen Figur handelt es sich um Reinhard Rade. Ein Unternehmer mit österreichischen Wurzeln und Vergangenheit in der rechten Szene. Der ehemalige Funktionär der rechtspopulistischen Partei "Die Republikaner" war ein enger Vertrauter von Unister-Mitgründer Daniel Kirchhof. Kirchhoff war ehemals gut mit dem verunglückten Unister-Gründer Wagner befreundet und bis zu seinem Ausscheiden aus der Firmengruppe 2015 als CFO tätig. Kirchhof verließ das Unternehmen im Streit mit Wagner und machte seither aus deren Feindschaft keinen Hehl.

Wie das "Handelsblatt" berichtet, war es Rade, der 2012 für Kirchhof die Kaution stellte, als sich dieser unter anderem wegen Verdachts auf unerlaubte Versicherungsgeschäfte in Untersuchungshaft befand. Spätestens seit dem Vorfall sollen Rade und Kirchhof Duzfreunde sein. Rade hatte dem Zeitungsbericht zufolge schon früh von Wagners geschäftlichen Absichten in Venedig Kenntnis und wollte ihn dort wegen des Verdachts auf Geldwäsche von der Polizei verhaften lassen. Eine entsprechende Strafanzeige - welche dem "Handelsblatt" vorliegen soll - hatte er bereits am 11. Juli dieses Jahres verfasst, also drei Tage vor dem Flugzeugabsturz, bei dem Wagner und drei weitere Insassen ums Leben kamen.

 

Rade ging es angeblich darum, Straftat zu vereiteln

Laut „Handelsblatt“ ging es Rade darum, dass Kreditgeschäft von Wagner in der italienischen Lagunenstadt zu stoppen, da er es offenbar für strafrechtlich relevant hielt. Offenbar versuchte der Unister-Chef über einen israelischen Diamantenhändler an einen Kredit für seine finanzschwache Firma zu kommen. Einige Unternehmenssparten des durch Onlineportale wie fluege.de und ab-in-den-urlaub.de bekannt gewordenen Firmenkonglomerats waren zu diesem Zeitpunkt bereits pleite oder zumindest in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten.  

„Ich habe mich in Italien bei Anwälten erkundigt. Dort ist das Mitführen einer solchen Bargeldsumme eine Straftat“ zitiert das "Handelsblatt" Rade. Er bezieht sich dabei auf 1,5 Millionen Euro, die sich Wagner kurz vor seiner Abreise als Privatdarlehen beschafft hatte und die als Anzahlung für das geplante Kreditgeschäft fungieren sollten. Mit Rades Schreiben an die Behörden sollten diese auf Wagners Ankunft vorbereitet sein und ihn bereits am Flughafen in Venedig in Gewahrsam nehmen. Doch soweit kam es nicht, da Rade laut eigenen Angaben überraschend ins Krankenhaus musste und deswegen die Strafanzeige nie abschickte.

 

Unister-Manager lehnten Venedig-Deal ab

Nach Informationen des "Handelsblatt" bekam Rade die brisanten Details zu Wagners durchaus fragwürdigen Venedig-Deal von einem Freund zugetragen. Nachdem diesem offenbar über Mittelsmänner in Deutschland ein ähnlicher Kredit offeriert wurde, wurde er in einer Hotel-Lobby Zeuge, wie sich auch zwei Unister-Manager für das zweifelhafte Geschäft mit dem Diamantenhändler interessierten. Sowohl der Bekannte Rades als auch die Unister-Mitarbeiter ließen die Finger von dem Kreditangebot - nicht so Wagner. Da der Informant nun trotz seiner Ablehnung die Bedingungen der Geschäftsvereinbarung kannte, konnte er Rade über die Einzelheiten informieren. Wie Rade allerdings annehmen konnte, dass Wagner entgegen seiner Manager auf das Geschäft eingehen würde, bleibt unklar.

Aufgrund des Ausbleibens einer Strafanzeige durch Rade blieb Wagner zwar vorerst eine Konfrontation mit der dortigen Polizei erspart - doch noch am Abend der Transaktion wurde er selbst bei den Beamten vorstellig. Weil er betrogen worden sein soll, erstattete Wagner eine entsprechende Anzeige. Offenbar wurden ihm für die Zahlung von 1,5 Millionen Euro zwanzig Prozent der versprochenen Kreditsumme in bar überreicht, die sich insgesamt auf bis zu zwanzig Millionen Euro hätte belaufen sollen. Wagner erhielt das Geld in Franken, von denen allerdings nur 10.000 echt waren. Bei dem Rest handelte es sich dem "Handelsblatt" zufolge um Falschgeld. Die Blüten fand die slowenische Polizei später unweit jener Stelle, an der das Flugzeug nach dem Absturz in einem Wald in Flammen aufging.