Flügelkämpfe belasten AfD in Sachsen-Anhalt

Erstveröffentlicht: 
06.07.2016
Rücktritte und Vorwürfe lähmen die Rechtspopulisten

 

VON ROCHUS GÖRGEN

 

Magdeburg. Eigentlich wollte die rechtspopulistische AfD nach ihrem Rekordergebnis in Sachsen-Anhalt Fundamentalopposition spielen. Doch in den ersten Monaten nach ihrem Einzug in den Landtag beschäftigte sie sich vor allem mit sich selbst. Rücktritte, Kämpfe zwischen den Flügeln und Lügen-Vorwürfe prägen bislang das Bild des Landesverbandes. Politologen ordnen ihn dem rechten Rand der Alternative für Deutschland (AfD) zu, manche stufen ihn gar als völkisch-nationalistisch ein.

 

Als Zentrum der Macht gilt Parteichef André Poggenburg, dem viele AfD-Anhänger und -Funktionäre wegen des Rekordergebnisses von 24,3 Prozent reichlich Vertrauensvorschuss gaben. Doch sein Führungsstil ist umstritten. Der Fraktion versprach er, den Parteivorsitz im Land abzugeben, wenn er zum Fraktionschef gewählt werde. Nach der Wahl trat er dann aber erneut für das Amt des Parteichefs an, was ihm den Vorwurf des Wortbruchs einbrachte.

 

Diese Woche tritt dann Landesschatzmeisterin Yvonne Sturm zurück – und wirft Poggenburg ebenfalls vor, die Unwahrheit zu verbreiten. Die von Poggenburg als Grund für ihren Rücktritt angegebene Überlastung sei gar nicht zutreffend, erklärte sie in einer Mitteilung. Vielmehr trete sie zurück, weil ihre Funktion als Schatzmeisterin nicht damit vereinbar sei, dass sie zugleich als Sekretärin in der Fraktion angestellt sei. Außerdem habe sie Unterlagen nicht erhalten, keine Kontovollmacht, und es gebe keine professionelle Arbeit.

 

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Magdeburger Landtag, Daniel Roi, gibt seiner Sekretärin im Streit mit dem Landesvorsitzenden Recht. „Auf jeden Fall weiß ich, dass sie nicht an Arbeitsüberlastung gelitten hat.“ Poggenburg habe die angeblichen Gründe des Rücktritts verbreitet, ohne mit Sturm darüber zu reden. Poggenburg war gestern für eine Reaktion nicht zu erreichen. In der Magdeburger Volksstimme spricht er allerdings über „persönliche Animositäten“ in der AfD. Ein schwerer Start mit fehlenden Räumen habe „teils zu chaotischen Zuständen“ geführt.

 

Doch neben persönlichen Querelen sorgen handfeste Kämpfe zwischen den verschiedenen Flügeln für Zündstoff. So forderten jüngst zehn von zwölf Kreischefs und mehrere Abgeordnete in einem offenen Brief eine stärkere Abgrenzung von Rechtsextremisten. Der Brief war mit Poggenburg als Landeschef nicht abgesprochen – doch Poggenburg fügte sich der Kritik und stützt den sogenannten „Ruf der Vernunft“ nun kurzerhand auch.

 

In dem Interview mit der Magdeburger Volksstimme geht Poggenburg nun auf Distanz zu dem Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider, der als Vorsitzender der Patriotischen Plattform als Chefideologe gilt. Tillschneider könne sich nicht allein als Chef der Plattform äußern, solange er noch andere Funktionen in der AfD habe: „Wenn er sich allein als Vorsitzender der Patriotischen Plattform äußern will, müsste er den Sitz im Landesvorstand und das Landtagsmandat abgeben“, meinte Poggenburg. Und zu der in manchen Ländern vom Verfassungsschutz beobachteten „Identitären Bewegung“ meint er nun, sie sei „insgesamt als Bündnispartner nicht tragbar“.

 

Spannend wird es nun nach der Sommerpause – da will Poggenburg als Landtags-Vizepräsident kandidieren und bei einer Wahl dann sein Amt als Fraktionschef niederlegen. Doch ob Poggenburg die notwendigen Stimmen aus anderen Fraktionen erhält, ist fraglich.

 

Doch ob Poggenburg die notwendigen Stimmen aus anderen Fraktionen erhält, ist fraglich. Das Scheitern scheint Poggenburg schon einkalkuliert zu haben – einen anderen Kandidaten wolle die AfD nicht präsentieren.