Verfassungsschutzbericht 2015 für Baden-Württemberg: Islamisten werben Flüchtlinge an

Erstveröffentlicht: 
24.06.2016

Der Verfassungsschutzbericht für Baden-Württemberg liegt vor. Immer öfter kommt es zu Anwerbeversuchen von Islamisten in Flüchtlingsunterkünften. Aber auch andere Fakten beunruhigen.

 

Im vergangenen Jahr habe es rund 30 Kontaktaufnahmen gegeben, teilte Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Freitag in Stuttgart mit. Auch im laufenden Jahr seien bereits etwa ein Dutzend Kontakte bekanntgeworden. Die Anwerbeversuche seien beispielsweise durch das Verteilen des Korans oder Einladungen zu Moscheebesuchen gelaufen. Aktuell sind im Land demnach rund 3.430 Islamisten im Visier der Sicherheitsbehörden.

 

Auch Salafisten weiter aktiv

 

Die rund 600 Salafisten im Land machten sich dem Bericht zufolge die Situation unbegleiteter junger Flüchtlinge zunutze, um für ihre Ideologie zu werben. Im Dezember war ihr Stuttgarter Moscheeverein "Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum Mesdschid Sahaba" vom Innenminister verboten worden. Probleme haben die Salafisten offenbar mit ihrer Struktur. Ihr von baden-württembergischen Akteuren 2010 gegründeter Dachverband "Hoher Rat der Gelehrten und Imame in Deutschland" löste sich 2015 wieder auf.

 

Generell sehen die Verfassungsschützer im gewaltbereiten Islamismus eine Gefahr. Er werde in erster Linie von eingebürgerten Ausländern getragen. Aus Baden-Württemberg seien rund 50 Dschihadisten nach Syrien und in den Irak aufgebrochen, um den Kampf der Terrorgruppe "Islamischer Staat" zu unterstützen. Mindestens vier von ihnen seien in der Region getötet worden.

 

Zunahme extremistischer Gewalttaten

 

Neben der steigenden Gefahr durch den Islamismus beschäftigt den Verfassungsschutz auch die Zunahme extremistischer Straf- und Gewalttaten. Bei den Rechtsextremisten hat sich die Zahl von 23 auf 71 verdreifacht, bei den Linksextremisten stieg sie um mehr als 70 Prozent von 78 auf 135, heißt es im Verfassungsschutzbericht, der am Freitag in Stuttgart vorgelegt wurde. Damit kommt Gewalt von links doppelt so häufig vor wie von rechts.

 

Linke Gewalt findet nach Verfassungsschutzangaben vor allem auf der Straße statt. Bei Gegenaktionen zu Demonstrationen von "Pegida" und der "Demo für alle" sowie bei Veranstaltungen von NPD und AfD sei es vermehrt zu Straftaten gekommen. Die Zahl gewaltbereiter Linksextremisten habe sich von 740 auf 780 leicht erhöht.

 

Zahl der Täter steigt

 

Den Rechtsextremisten werden vor allem Attacken gegen Flüchtlingsunterkünfte zur Last gelegt. Von 70 Straftaten gegen bewohnte und unbewohnte Heime gingen 63 auf das Konto Rechtsextremer. Im Vorjahr waren es 15 gewesen. Zahlenmäßig stagniere die extremistische Szene - die Rechtsextremen liegen bei rund 1.800 Personen, die Linksextremen bei knapp 2.600.

 

Baut Scientology in Stuttgart?

 

Auch die Scientology-Organisation scheint weiter aktiv. Über eine Million Euro hätte diese im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg eingenommen. Allerdings beobachte man unter den Mitgliedern eine Ermüdung, weil der Druck zur Geldbeschaffung erheblich gewachsen sei. Scientology hält den Angaben zufolge an seinen Plänen fest, nach Berlin und Hamburg auch in Stuttgart einen Standort für sein weltweites Immobilienimperium einzurichten.

 

Elektronische Angriffe auf Firmen

 

Sorgen machen dem Verfassungsschutz, der auch für die Spionageabwehr zuständig ist, auch die elektronischen Angriffe auf Firmennetze. Insbesondere durch gefälschte E-Mails und manipulierte Internetseiten könne Schadsoftware auf den Computern von Unternehmen landen. Zum Teil handelten die Eindringlinge im Auftrag anderer Staaten. Spioniert werde vor allem von Russland, China, Iran, Nordkorea und den USA.