Edelweisspiratin Gertrud „Mucki“ Koch in Köln verstorben

Gertrud "Mucki" Koch in ihrer Kölner Wohnung, 17.09.2011

Am Montag den 20. Juni 2016 ist in Köln die ehemalige Edelweisspiratin Gertrud Koch verstorben. Bekannt wurde die 92 Jährige auch unter ihren Namen „Mucki“ - einen Decknamen den sie sich zur Zeit des Widerstands gegen den Nationalsozialismus zulegte.

An Rhein und Ruhr marschieren wir,
für unsere Freiheit kämpfen wir,
den Streifendienst, schlagt ihn entzwei,
Edelweiß marschiert, Achtung die Straße frei“

 

Mucki war ein echt „kölsches Mädche“. Sie wurde in der Rheinmetropole 1924 geboren und wuchs unweit des Kölner Doms auf. Ihr Vater war Kommunist und beteiligte sich zur Zeit der Weimarer Republik an den Kämpfen gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. Nach 1933 verhafteten ihn die Nazis mehrere Male und internierten ihn in einem KZ. Im Lager Börgermoor wurde er von den Nazis ermordet. Zusammen mit ihrer Mutter engagierte sich Mucki in der „Rote Hilfe“ und unterstützte Angehörige und Hinterbliebene der in Zuchthäusern und Konzentrationslagern Inhaftierten und betrieb Fluchthilfe für verfolgte NS-GegnerInnen. In Köln gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe „Edelweiss“, einer oppositionellen Jugendgruppe, von der sich später die von der GeStaPo abgeleitete Bezeichnung „Edelweisspiraten“ ableitete.

Mucki: „1941 müßte das gewesen sein. In der Zeit haben wir uns einen Namen gesucht und haben überlegt und überlegt. Wir hatten die wildesten Namen. So sind die Männer bei den Indianerstämmen hängen geblieben. Aber ich habe gesagt, dass gefällt mir nicht. Lass uns mal weiter überlegen. Da haben wir abends vor dem Zelt gesessen. Oben am Felsensee, am Lagerfeuer. Und wir haben überlegt. Der eine wollte den Namen, der andere den Anderen. Und dann hab ich gesagt, wie ist es denn damit? Da gibt es eine Blume, die blüht ganz oben in den Gebirgen und steht unter Naturschutz. Die heißt Edelweiss. Und da war das Wort gefallen. Da hießen wir Gruppe Edelweiss.

Und als wir damals verhaftet wurden, und bei der GeStaPo waren und Schläge eingesteckt hatten. Da hießen wir das Piraten-Pack. Also Edelweisspiraten. Und den haben wir bis heute behalten. Und der wird auch nicht abgelegt. Der bleibt. Da sind wir stolz drauf.“

 

Mucki wurde mehrmals verhaftet, war lange Zeit inhaftiert und wurde schwer gefoltert. Schließlich gelang ihr die Flucht aus Köln und mit ihrer Mutter erlebte sie die letzten Kriegsmonate auf einer Alm in Süddeutschland.

In den 1950er Jahren wurde sie wegen ihrer linken Haltung ein zweites Mal Opfer des deutschen Staates - ihr Mann Willi wurde auf Grund des Verbots der KPD und der Kommunistenverfolgung in der BRD lange Zeit inhaftiert.

Erst sehr spät, im Jahr 2000, ergab sich ein Kontakt zur Kölner Gedenkstätte im ehemaligen ELDE-Haus und Gertrud „Mucki“ Koch wurde mit ihrer Geschichte eine Person des öffentlichen Lebens. Auf vielen Veranstaltungen, in- und außerhalb von Schulen, referierte sie über die Geschichte des jugendlichen Widerstands im Rheinland. So lernten auch wir Mucki und ihren Mann Willi auf dem Edelweisspiratenfestival kennen.

 

Mucki wird allen die sie kannten mit ihrer diekten Art, ihrem Humor, ihrer Sangesfreude und Liebenswürdigkeit fehlen. Dem Rheinland ist eine letzte Größe aus der Geschichte des antifaschistischen Widerstands verloren gegangen.

 

Rest in Peace „Mucki“ - Willi hat auf Dich gewartet!

 

 

weitere Informationen:

- Unser Interview mit Mucki aus dem Jahr 2011

- Nachruf im Kölner Stadt-Anzeiger

- WDR-Beitrag

- Edelweisspiraten-Festival: facebook.com/Edelweisspiratenfestival

- Muckis Abschieds - Video: facebook.com/schmitz.stathikos/videos/1061500020594953

 

---------------------------

 

Adresse:

Azzoncao, ein Polit-Cafè

c/o Bahnhof Langendreer

Wallbaumweg 108

44894 Bochum