Fußball-EM in Frankreich Erneut Dresdner Hooligans an der Ausreise gehindert

Erstveröffentlicht: 
16.06.2016

Vor dem EM-Spiel Deutschland-Polen hat die Bundespolizei im Saarland zwölf Hooligans an der Reise nach Frankreich gehindert. Neben neun Deutschen wurden nach Angaben der Bundespolizei auch drei Polen gestoppt. Unter den Deutschen seien zwei Personen aus Dresden, die als Gewalttäter Sport geführt würden. "Die waren gewaltbereit", sagte der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Bexbach, Jürgen Glaub an Donnerstag. Die Deutschen dürften die Bundesrepublik in der nächsten Zeit nicht verlassen.

 

EM-Begegnung gilt als Risikospiel


Bei den Polen wurden dem Sprecher zufolge Gegenstände sichergestellt, die unter das Waffengesetz fallen. Um was für Gegenstände es sich handelt, wollte Glaub mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht sagen. Die deutsche Nationalelf spielt am Donnerstagabend im Stade de France von Saint-Denis gegen Polen. Die Begegnung gilt als Risikospiel.

In der Grenzregion zu Luxemburg wurden im Gegensatz zum vergangenen Sonntag keine Verdächtigen aus dem Verkehr gezogen. "Wir haben nur friedliche Fans festgestellt", hieß es von der Bundespolizei.

Vor dem ersten EM-Spiel der deutschen Fußball-Nationalelf am Sonntag hatte die Bundespolizei in der Grenzregion zu Luxemburg 21 Hooligans gestoppt, davon 18 aus Dresden. In Lille posierte zudem eine Gruppe mit Reichskriegsflagge und Hitlergruß, von denen einige als Gewalttäter Sport in Sachsen registriert sind. Die Polizei in Dresden will jetzt sogenannte Gefährderanschreiben verschicken, um Hooligans von Ausschreitungen abzuhalten. Die Leipziger Polizei hat es bereits im Vorfeld getan.

 


 

Sächsische Hooligans in Frankreich Polizeisprecher: "Wir wissen im Moment nicht, wo sie sind"


Dutzende Hooligans aus Sachsen halten sich derzeit in Frankreich auf. Wie der Sprecher der Dresdner Polizeidirektion Thomas Geithner im Gespräch mit MDR SACHSEN sagte, hat die sächsische Polizei einige von ihnen als Gewalttäter identifiziert. Szenekundige Beamte sind vor Ort, um schnell reagieren zu können. Der Fokus liegt auf dem heutigen Spiel Deutschland-Polen.

 

Herr Geithner, wie schätzen Sie derzeit die Lage in Frankreich ein?


Wir haben den EM-Auftakt sehr aufmerksam verfolgt und mussten in der Folge von einigen Ereignissen auch unsere eigene Lageeinschätzung jetzt neu anlegen. In der Folge haben wir jetzt drei Baustellen. Wir haben zum einen die allgemeinen Ausschreitungen an mehreren Spieltagen in Frankreich. Dazu haben wir eine Gruppe von 18 Personen, der durch die Bundespolizei in Trier die Ausreise verweigert wurde, das waren Anhänger von Dynamo Dresden. Und wir haben als drittes ein Foto, was in Lille aufgenommen wurde, was sogar 30 bis 35 Personen zeigt, die ebenfalls Anhänger von sächsischen Fußballclubs sind und bei uns auch als gewaltbereit eingestuft werden. Wenn man diese drei zusammennimmt, kommt man nicht umhin festzustellen, dass sich die Einschätzung geändert hat. Wir hatten vor der EM keine konkreten Erkenntnisse, die eine konkrete Abreise nach Frankreich von konkreten Personen in Aussicht steht. Das hat sich nun geändert. Es sind definitiv Sachsen oder sächsische Fans in Frankreich. Und daraus haben wir als PD Dresden Handlungsbedarf abgeleitet in dem Sinne, dass wir jetzt versuchen wollen, dass wir auf einen gewissen Adressatenkreis, das sind zum einen die 18 Personen aus Trier, zum anderen die zumindest Identifizierten von besagtem Foto auf die zuzugehen und mit Präventivmaßnahmen zu konfrontieren oder zu bewegen, sich nicht an Ausschreitungen zu beteiligen.

 

Welche Maßnahmen hat die Polizeidirektion Dresden ergriffen, um Ausschreitungen zu verhindern?


Wir, also szenekundige Beamte aus ganz Sachsen, haben einen Teil dieser 35 Personen identifizieren können. Problem ist im Moment, dass wir nicht wissen, wo sie sind. Wir gehen unseren Erfahrungen nach davon aus, dass sie noch in Frankreich bleiben werden und insbesondere auch dieses Polen-Spiel abwarten werden. Das heißt, wir kommen von Dresden aus nicht an sie ran. Das ist aber vielleicht gar nicht so dramatisch. Denn wenn sie vor Ort angetroffen werden durch französische Sicherheitsbehörden, haben wir auch einige szenekundige Beamte in Frankreich mit vor Ort, so dass wir zum einen gewährleisten, dass die Informationen, die wir haben, zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle sind. Beziehungsweise kann der Kollege im Idealfall auch vor Ort dabei sein und Identifizierungen durchführen.

 

Andere Bundesländer wie Sachsen-Anhalt haben sogenannte Gefährderschreiben rausgeschickt. Sachsen nicht. Sind Sie da zu spät?


Das ist vielleicht auch ein bisschen eine Philosophiefrage. Wir haben die Philosophie Klasse statt Masse. Das heißt, wir wollen lieber einen ganz konkreten Adressatenkreis haben, denen wir solche Schreiben zukommen lassen. Das heißt ganz konkret, dass wir einerseits ganz konkrete Personen haben und dass wir zweitens ganz konkrete Hinweise haben, dass sie nach Frankreich reisen wollten. Die Alternative wäre, dass wir alle Personen, die als Gewalttäter Sport registriert sind, da reden wir vielleicht von 500 nur in Dresden, anschreiben müsste, ins Blaue hinein, da fühlt sich auch keiner angesprochen, das verwässert die ganze Maßnahme. Deshalb haben wir uns für diesen Weg entschlossen und deshalb sind wir jetzt an dem Punkt, dass wir sagen, die, die wir jetzt anschreiben, das ist eine Größenordnung von vielleicht 70 Personen, die diese Anschreiben bekommen werden. Ein deutlich kleinerer Teil wird dazu noch Meldeauflagen bekommen, das ist aber ein Resultat der geänderten Lage.

 

Haben Sie gar nicht damit gerechnet, dass das passiert?


Wir haben keine Informationen dazu gehabt. Wir haben keine Personen erkennen können, die sich beispielsweise übers Internet dazu verabredet haben, nach Frankreich zu fahren. Oder dass sie Busse angemietet haben. Ohnehin muss man ja einräumen, dass der Schwerpunkt auf der Anschlagsgefahr bestand. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass es bei dieser gewaltigen Polizeipräsenz in Frankreich zu solchen gewalttätigen Auseinandersetzungen an mehreren Tagen kommen kann.

 

Welche Konsequenzen drohen den Personen, die jetzt schon in Frankreich sind?


Wir haben jetzt das Foto der 35 Personen. Daraus lässt sich nicht ableiten, ob davon jemand überhaupt an Ausschreitungen beteiligt war. Wir haben bisher keine Erkenntnisse, dass Sachsen oder Dresdner an den Ausschreitungen beteiligt waren. Das heißt, wenn die festgestellt werden, ist das eher eine Personenkontrolle. Da werden die französischen Beamten vielleicht darauf stoßen, dass sie in Deutschland als Gewalttäter Sport eingestuft sind. Dann muss die Behörde vor Ort entscheiden, wie sie damit umgeht. Es gibt keine Fahndung nach den Personen. Dieses Foto ist für uns nur das Alarmsignal, dass definitiv gewaltbereite Fans aus Sachsen in Frankreich sind. Wir sehen jetzt Handlungsbedarf, um im Vorfeld etweas zu tun.

 

Registrierte Gewalttäter Sport*
Verein Kategorie B Kategorie C
     
1. FC Lok Leipzig 150-200 60
Chemnitzer FC 80 20-30
FC Erzgebirge Aue 180 30
FSV Budissa Bautzen 20 0
FSV Zwickau 80-90 10
RB Leipzig 0 0
SG Dynamo Dresden 500 135
VfB Auerbach 5-10 0
VFC Plauen 50 0

 

* Quelle: Sächsisches Innenministerium/ Stand: 13. Juni 2016

 

Einteilung von Fußballfans Kategorie -A- = der friedliche "Fan"
Kategorie -B- = der gewaltbereite/-geneigte "Fan"
Kategorie -C- = der gewaltsuchende "Fan"

Quelle: Polizei Nordrhein-Westfalen