Katholikentag und Kirchentag - Kritiker: Kirchentage bringen trotz Millionenkosten kaum Geld

Erstveröffentlicht: 
09.05.2016

Gegen die millionenschwere öffentliche Subventionierung von Kirchentagen gibt es seit Jahren immer wieder Proteste. In Leipzig, wo in wenigen Wochen der Katholische Kirchentag beginnen wird, bauten Aktivisten im Stadtzentrum eine übergroße Statue von Moses auf. Der hebt mahnend den Finger und sagt "Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen“. Ähnliches droht nun dem Evangelischen Kirchentag, der 2017 auch in mitteldeutschen Städten gefeiert werden soll.

 

Von André Seifert

 

Evangelische Christen werden nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt viel zu feiern haben: Nicht nur das Reformationsjahr lockt mit Veranstaltungen, im Land finden auch noch vier Feste im Rahmen des Evangelischen Kirchentages statt. In Magdeburg, Dessau-Roßlau und Halle/Eisleben wird es so genannte "Kirchentage auf dem Weg" geben und in Wittenberg soll ein evangelisches Bürgerfest gefeiert werden. Kosten: Mindestens 4,7 Millionen Euro. Die Kirche zahlt davon aber nur einen kleinen Teil. Über die Hälfte tragen nach Recherchen von MDR Aktuell Land und Kommunen. Swen Knöchel, Fraktionschef der Linken im Landtag, kritisiert das: "Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Kirchentage Veranstaltungen der Kirche sind und dann auch von dieser finanziert werden sollten."

 

Ich gehe davon aus, dass in beiden Kirchen ein Vermögen von rund 170 Milliarden Euro vorhanden ist

Carsten Frerk, Buchautor

 

Dieser Meinung ist auch Carsten Frerk, ein Buchautor, der die Kirchenfinanzen seit Jahren erforscht. Frerk rechnet im Gespräch mit MDR Aktuell vor: Die Evangelische Kirche nahm allein im Jahr 2013 über 4,8 Milliarden Euro an Kirchensteuer ein. Hinzu kommen jährlich 300 Millionen Euro an so genannten Staatsleistungen. Die Allgemeinheit trage außerdem evangelische Kitas, Krankenhäuser und Pflegeheime. Er kommt zu dem Schluss: "Dass die Kirchen insgesamt genügend Geld haben, das ist mittlerweile hinlänglich bekannt, das dürfte nicht das Problem sein. Ich hab's mal versucht zu überschlagen. Ich gehe davon aus, dass in beiden Kirchen ein Vermögen von rund 170 Milliarden Euro vorhanden ist." 

 

Vier von fünf Menschen in Sachsen-Anhalt sind religionslos


80 Prozent der Einwohner Sachsen-Anhalts sind religionslos. Doch die Fördergelder fließen. Magdeburg will das Christentreffen im kommenden Jahr in der Stadt mit 300.000 Euro fördern. Das Land subventioniert die vier Kirchentagsveranstaltungen in Sachsen-Anhalt mit zwei Millionen Euro. Der neue Kultusminister Marco Tullner, CDU, rechtfertigt die Finanzspritze. Er erhofft sich einerseits von den Kirchentagen im Lutherjahr einen Diskurs über die Frage, was Reformation heute noch bedeutet. Und andererseits: "Ich denke, da geht es um ganz viele touristische und auch wirtschaftliche Effekte. Wir erhoffen uns natürlich davon, dass unsere schöne Städte auch eine hohe Anzahl an Besuchern verzeichnen. Und ich glaube, das ist es auch wert, das so zu organisieren und auch durchzuführen." 

 

Typische Kirchentagsbesucher geben kaum Geld aus


Ob Kirchentagsbesucher viel Geld in Hotels und Gaststätten lassen, ist fraglich. Eine Befragung beim Kirchentag 2009 in Bremen ergab, dass ein Gast im Schnitt 46 Euro pro Tag ausgab. Kirchenkritiker Carsten Frerk meint daher, dass die wirtschaftlichen Effekte überschätzt werden: "Da hat sich in Bremen schon klar herausgestellt, dass das Verhalten der Kirchentagsbesucher anders ist. Die schlafen überwiegend in einfachen Quartieren, in Massenunterkünften, verpflegen sich möglichst günstig, also in Fastfood oder ihre Stullenpakete. Also alles was normales touristisches Verhalten ist, trifft für den Kirchentagsbesucher nicht zu."

Swen Knöchel von der Linkspartei kritisiert die Landesregierung in einem weiteren Punkt: Intransparenz. Die Fördermittelzusagen erfolgten weitgehend am Landtag vorbei. So sei auch die Fördersumme für alle Veranstaltungen und Projekte zum Reformationsjubiläum im kommenden Jahr Stück für Stück gestiegen - auf inzwischen über 80 Millionen Euro.