Kurz vor den Mai-Demos haben die Marx-Grundschüler ihren Garten geputzt. Sie stehen im Finale des sächsischen Schulgarten-Wettbewerbs. Schon wieder leiden sie unter den Demos.
Von Manuela Müller
Plauen. Plauener Grundschüler sind Titelverteidiger in Sachen schönster sächsischer Schulgarten. Den Wettbewerb lobt das Kultusministerium regelmäßig aus. "2010 haben wir zum letzten Mal daran teilgenommen und gewonnen", sagt Undine Schneider, Schulleiterin der Karl-Marx-Grundschule.
Jetzt stehen die Kinder erneut im Finale und sind empört. Während der Demonstrationen am Sonntag haben Neonazis ihren Zaun niedergetreten und das Gelände gestürmt. Vor ihrer Schule schaltete die Polizei die Wasserwerfer scharf, um Tumulte aus dem Block der Rechten gegen Polizeibeamte zu beenden.
Kurz vor dem Schulgarten-Finale
"Ich verstehe nicht, warum die Marschroute an Schulen vorbeiführt", sagt Undine Schneider. Bereits vor zwei Jahren hatte die Schule im Zuge der Demonstrationen Vandalismus-Schäden beklagt.
Freitag und Samstag lief ein Putz-Einsatz auf dem Schulgelände. Eltern und Lehrer pflanzten, gruben um, putzten, strichen, stellten ein neues Weiden-Tipi auf. Manche spendierten Blumen und Erde. Denn nächsten Montag kommt die Schulgarten-Jury. Sie besichtigt die zehn besten sächsischen Schulgärten und kürt den Schönsten. Die Plauener haben mehrere Hürden genommen und sind unter den Top zehn. Dafür gab es bereits 1000 Euro Preisgeld.
Jetzt hofft die Schule, dass die Schäden so schnell wie möglich behoben werden. Als Zeichen des Protests malten die Kinder gestern Plakate, die jetzt am Zaun hängen. Darauf sagen sie, was sie von den Übergriffen halten: "Das ist ein Sportplatz und kein Wutplatz", steht darauf, und "Wir haben alles schön gemacht. Warum macht ihr das wieder kaputt?" Manche haben ihre Hände mit bunter Farbe angemalt und sie auf grünes Papier gedrückt. Hände als Symbole des Friedens.
Oberbürgermeister erkrankt
Laut Polizei war es Zufall, dass die Demo wie schon vor zwei Jahren im Umfeld der Karl-Marx-Schule kurzzeitig eskaliert ist. Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer (FDP) wurde kritisiert, weil er bei den Vorfällen am Sonntag nicht zu sehen war. Die Rathaus-Pressestelle teilte gestern mit, dass er krank sei.
Undine Schneider hatte von den Randalen erfahren, als sie mit ihrem Sohn beim Fußball war. Den Rest des Tages verbrachte sie mit dem Hausmeister im Schulgelände. "Wir haben mehr als 50 Migrantenkinder. Es gab noch nie einen rassistischen Vorfall. Jetzt müssen wir den Kindern erklären, was hier passiert ist."
Die Rettungskräfte mussten sechs Menschen behandeln, darunter eine 20-Jährige aus Berlin, die mit einem Stativ niedergeschlagen worden war. Die Ermittler konnten gestern einen 34-jährigen Mann aus Sachsen als mutmaßlichen Täter identifizieren. Gegen ihn wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Außerdem wurden am Mai-Feiertag sieben Polizisten leicht verletzt.
Zahlreiche Strafverfahren sind eingeleitet, darunter in vier Fällen wegen Körperverletzung, in 17 Fällen wegen Sachbeschädigung. Es gab 13 beschädigte Polizeifahrzeuge.
Die Polizei beschlagnahmte darüber hinaus 36 Gegenstände und stellte 132-mal die Identität von Personen fest. Auch haben die Beamten rund 500 Platzverweise ausgesprochen und in rund 1000 Fällen "unmittelbaren Zwang gegen Personen angewendet", wie es im Polizeibericht heißt.
Die Beamten gehen davon aus, dass sie die Anzahl der Fälle, beispielsweise für Sachbeschädigungen, nach oben korrigieren müssen. Sie erwarten weitere Meldungen von Geschädigten. Zum anderen dauere die Auswertung der polizeilichen Videoaufzeichnungen noch gewisse Zeit. (bju)