Hunderte Nazis wollen aufmarschieren. Die Antifa ruft erstmals bundesweit zur Blockade auf. Auch die als militant bekannte Berliner Szene will anreisen. 1. Mai - ein Kampftag?
Von Manuela Müller
erschienen am 27.04.2016
Plauen.
Der 1. Mai 2014: Im Umfeld der Pauluskirche brennen Mülltonnen, es fliegen Steine und Flaschen auf Polizisten.
Diese Krawall-Szenen könnten sich am kommenden Sonntag wiederholen. Linken-Aktivist Andreas Funk geht davon aus, dass in Plauen am 1. Mai der größte Neonazi-Aufmarsch in Deutschland stattfinden wird. Der Verfassungsschutz rechnet mit rechten Touristen im "mittleren bis höheren dreistelligen Bereich". Die Linken gehen von bis zu 1000 Neonazis aus, darunter Engländer und Ungarn.
Neu ist die bundesweite Großoffensive der Antifa. Sie will mit 700 Linksautonomen nach Plauen kommen. Das sind etwa dreimal so viele wie bei den Ausschreitungen vor zwei Jahren. Das Ziel ist klar. "Wir hoffen, dass wir die Demo stoppen können", sagt Funk, Sprecher der bundesweiten Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative". Ziel sei ein unangenehmer Feiertag für die Neonazis. Die Gangart beschreibt Funk so: "Bürgerlicher Schönwetter-Antifaschismus mit Bratwurst und Luftballons gegen Nazis ist für uns keine Option." Laut Funk kommen die Linken mit Reisebussen aus ganz Deutschland. Unter anderem aus Berlin und Leipzig.
Angekündigt hat sich auch die für Krawalle bekannte Berliner Antifa, wie die Tageszeitung B.Z. berichtet. Die Gruppierung erachte es als notwendig, sich erstarkenden rassistischen Mobilisierungen in Sachsen entgegenzustellen, heißt es. "Es ist von teilweise massiven Störaktionen auszugehen", sagt Alexander Bertram, Sprecher des Innenministeriums. Aufgrund der Mobilisierung und wegen der Vorkommnisse vor zwei Jahren in Plauen rechnet das Ministerium mit gewaltorientierten Linksextremisten.
Die Polizei bereitet sich auf einen heißen Einsatz vor. Superintendentin Ulrike Weyer vom Runden Tisch für Demokratie und Toleranz sieht die Entwicklung mit Sorge. Kirche und Runder Tisch rufen zu Friedensgebeten und zu einem friedlichen Protest auf. "Es ist wichtig, dass die Menschen ihr Recht wahrnehmen und sagen: Das ist nicht unsere Gesinnung. Wir wollen unser Gesicht zeigen", sagt Ulrike Weyer.
Indes werben die Rechten in der Bevölkerung um Mitläufer. In den vergangenen Tagen steckten sie Flugblätter in vogtländische Briefkästen. Darauf rufen sie für Sonntag ab 11 Uhr zur Demonstration auf, Treffpunkt am Oberen Bahnhof. Auf dem Blatt steht unter anderem "Wir sind das Volk". Dahinter steht die Rechtsaußen-Partei III. Weg. Deren Bundesvorsitzender Klaus Armstroff hat die Demo in Plauen angemeldet. Ein Pfälzer, der im Vogtland ein Netz mit Kadern und ein Stadtratsmitglied hat.
Die Plauener Superintendentin Ulrike Weyer spricht von einer veränderten gesellschaftlichen Lage. "Die Hemmschwellen zu Aggressionen sind in Gewalt und Sprache gesunken", sagt sie.
Demonstrations-Tourismus: So bezeichnet Plauens Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer (FDP) das angekündigte Aufeinandertreffen von Rechtsaußen und Linksaußen. "Plauen wird dabei ein weit überregionaler Demonstrationsschauplatz werden", sagt er. Er mache sich Sorgen um die Sicherheit in der Stadt am 1. Mai. Vor zwei Jahren hätten sich Demokraten aus der Region den Neonazis in den Weg gestellt. Diesmal planten Autonome. "Das bekommt einen ganz anderen Touch", so Oberdorfer.