Freitaler „Bürgerwehr“ unter Terrorverdacht

Erstveröffentlicht: 
31.03.2016

Die gewalttätige Truppe wird ein Fall für den Generalbundesanwalt. Es geht um Angriffe auf Asylbewerberheime.

 

Dresden/Karlsruhe. Sie nennen sich „Bürgerwehr FTL/360“ und werden verdächtigt, Sprengstoffattacken und Überfälle auf Flüchtlinge und deren Unterstützer begangen zu haben. Seit Herbst ermittelt die sächsische Justiz gegen mehrere Beschuldigte aus Freital und Umgebung, drei von ihnen sitzen seit November in Untersuchungshaft.

 

Vor wenigen Tagen hat die Generalbundes-anwaltschaft in Karlsruhe die Untersuchungsakten dazu angefordert. Die Bundesbehörde prüfe, ob sie die Ermittlungen übernimmt, sagte eine Sprecherin auf SZ-Anfrage. Der Generalbundesanwalt kann die Verfolgung einzelner Verfahren übernehmen, wenn die Tat geeignet ist, die innere Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen und dem Fall somit eine besondere Bedeutung zukommt. Bei rechtsextremistischen Taten wird insbesondere das Vorliegen möglicher terroristischer Strukturen geprüft.

 

Die Beschuldigten – vier Männer und eine Frau – sollen 2015 unter anderem Asylunterkünfte in Freital sowie ein linksalternatives Wohnprojekt in Dresden angegriffen haben. Gegen die Bande, zu der auch der 26-jährige Busfahrer Timo S. zählt, ermittelt eine im Herbst gegründete Spezialeinheit unter der Führung der Generalstaatsanwaltschaft Sachsen. Timo S. und zwei weitere Verdächtige sitzen seit Anfang November in Untersuchungshaft.

 

Erst vor wenigen Wochen hat die Generalstaatsanwaltschaft die Beschuldigten vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Dresden angeklagt. Das Verfahren sollte in diesen Tagen eröffnet werden. Es geht dabei um den Angriff auf eine Asylbewerberunterkunft in Freital und den Überfall auf ein linksalternatives Wohnprojekt in Dresden.

 

Doch daraus wird nun erstmals nichts. Auch über eine Verlängerung der Untersuchungshaft wird nun womöglich ein Ermittlungsrichter in Karlsruhe entscheiden. Sollte es zu einer Anklage wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung kommen, wird der Prozess vor einem Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht Dresden stattfinden.

 

Darüber hinaus ermittelt die Staatsanwaltschaft auch in weiteren Fällen gegen Timo S. und andere. Es geht um Böller-Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und auf ein Parteibüro der Linken sowie um den Sprengstoffanschlag auf das Auto eines Freitaler Stadtrats. Ende April beginnt ein Prozess gegen S. und zwei weitere Mitangeklagte am Amtsgericht Dresden. Das Trio soll nach einer Demo vor einer Freitaler Flüchtlingsunterkunft ein Auto mit Gegendemonstranten angegriffen haben. Dabei wurde der Sohn des Vize-Ministerpräsidenten Martin Dulig (SPD) verletzt.