Wegen eines angeblichen Blockade-Aufrufs bei einer Legida-Demo droht Juliane Nagel der Verlust ihrer Immunität. Dafür hat sich jetzt der zuständige Landtagsausschuss ausgesprochen. In einem zweiten Verfahren hat die Linken-Politikerin ihre Immunität bereits eingebüßt, wie LVZ.de erfuhr.
Leipzig. Für Juliane Nagel wird es ernst: Der Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschuss des sächsischen Landtags hat dem Parlament am Donnerstag empfohlen, die Immunität der Leipziger Linken-Abgeordneten aufzuheben. Die Entscheidung fiel mit der Mehrheit von CDU, SPD und AfD – Linke und Grüne votierten dagegen. Stimmt der Landtag bei seiner nächsten Sitzung Mitte März dem Vorschlag zu, kann die Staatsanwaltschaft Leipzig Anklage gegen Nagel wegen der Aufforderung von Straftaten erheben.
Die 37-Jährige soll vor einer Legida-Demo im Januar 2015 auf einer Pressekonferenz des Bündnisses „Leipzig nimmt Platz“, dessen Sprecherin Nagel ist, zu Blockaden aufgerufen haben und sich damit strafbar gemacht haben, so der Vorwurf. Auch gegen vier weitere Teilnehmer wurde deswegen zunächst ermittelt. Zuletzt wurde das Verfahren gegen Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar im Januar wegen geringer Schuld eingestellt.
Nagel selbst spricht von „Brandmarkung“
Am Telefon erklärte Nagel am Freitag gegenüber LVZ.de, dass sie das Verfahren als Verfolgung ihrer Person ansehe. „Dass ich jetzt als einzige für eine Pressekonferenz geradestehen soll, die den zivilgesellschaftlichen Protest auf die Straße bringen sollte, empfinde ich als Brandmarkung“, so die Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der sächsischen Linken, die 2013 den Leipziger Friedenspreis für ihr Engagement gegen Neonazis erhielt.
Auch die Linken-Fraktion im Landtag kritisiert, dass gegen Nagel aus politischen Motiven ermittelt werde. „Gerade jetzt ist dies ein fatales Signal gegen das Engagement der Zivilgesellschaft und läuft allen Absichtserklärungen aus der Landtags-Sondersitzung zuwider“, erklärte der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Sebastian Scheel. Der rechtspolitische Sprecher Klaus Bartl, der Nagel auch juristisch vertritt, sieht dem Verfahren gelassen entgegen: „Das Handeln der Abgeordneten ist gerade in dieser Zeit in Sachsen als das anzusehen, was man als sozialadäquat bezeichnet.“
Immunität in zweiten Verfahren bereits aufgehoben
Wegen eines anderen, davon unabhängigen Verfahrens hat die Linken-Politikerin ihre Immunität inzwischen bereits eingebüßt. Der Landtag hob diese aufgrund einer Anklage am Leipziger Amtsgericht wegen Bedrohung auf – die Entscheidung fiel bereits Ende vergangenen Jahres, wie LVZ.de am Freitag erfuhr. Nagel soll die frühere Bürgerrechtlerin Angelika Kanitz am Rande einer rechten Demo 2014 mit den Worten bedroht haben, die nächste Nazidemo erlebe sie mit einem Zettel am Zeh. Nagel bestreitet die Vorwürfe. Ob die Linken-Politikerin deswegen tatsächlich vor Gericht muss, ist bislang offen. „Die Anklage wird noch geprüft“, erklärte am Freitag Gerichtssprecher Stefan Blaschke.
Wegen der Verfahren sei sie vorsichtiger geworden, erklärte Nagel auf Nachfrage. „Es hemmt einen, man passt eher auf und hält sich zurück“, so die wegen ihres Engagements in der linken Szene in Connewitz bekannte und deswegen häufig Anfeindungen ausgesetzte Abgeordnete. Am Montag will sie sich dennoch erneut dem Protest gegen Legida anschließen. „Vielleicht“, so hofft sie, habe der juristische Ärger auch etwas Gutes. „Es ist ja auch eine Chance, dass allgemein über zivilgesellschaftlichen Protest diskutiert wird.“