Die "Leipziger Internet-Zeitung" stellt ihre Live-Berichterstattung über die Proteste der Legida-Bewegung ein. Sie begründet dies mit wiederholten Bedrohungen und Angriffen auf ihre Mitarbeiter.
Zeitung erhebt Vorwürfe gegen Polizei
Die Verantwortlichen der Internet-Zeitung werfen vor allem den eingesetzten Polizisten eine fehlende Unterstützung vor. Sie würden bei Bedrohungen und Beleidigungen von Journalisten zu spät oder gar nicht einschreiten. Aggressive Demonstrationsteilnehmer und potenzielle Gewalttäter werden der "L-IZ" zufolge weder durch die Beamten angesprochen noch des Platzes verwiesen. Stattdessen wären in einigen Fällen sogar Polizisten gegen Pressevertreter vorgegangen.
…unsere Kollegen vor Ort werden unausgesetzt bedroht und attackiert […] ein normaler Schutz unserer Kollegen durch eine geeignete Demonstrationsabsicherung bei Legida-Aufmärschen während ihrer Arbeit existiert nicht.
Auszug aus dem offenen Brief der "Leipziger Internet-Zeitung"
Behörde nimmt Denkanstoß "zur Kenntnis"
Die Redaktion berichtet von Mitarbeitern, die in ihrer Arbeit
behindert, verbal angegriffen und zum Teil auch körperlich attackiert
wurden. Zuletzt sei am 1. Februar ein Kameramann von einem Podest
gestoßen worden, sagte Marketingleiter Robert Dobschütz. Er erklärte,
der Stopp in der Berichterstattung solle ein Anstoß dafür sein, endlich
eine Lösung für das Problem zu finden. Weder die Polizei noch die
sächsische Staatsregierung hätten bisher nachhaltige Schritte
unternommen.
Ein Sprecher der Polizeidirektion Leipzig sagte,
die Behörde nehme die Vorwürfe der Zeitung zur Kenntnis. Eine
Stellungnahme lehnte er ab.
Grüne nehmen Polizei in die Pflicht
Grünen-Vertreter bezeichneten die Angriffe auf Journalisten als "unerträglich". Laut dem innenpolitischen Sprecher der Partei Valentin Lippmann sei die Einstellung der Berichterstattung der "L-IZ" "ein neuer Tiefpunkt in Bezug auf die Gewährleistung der Pressefreiheit in Sachsen." Es sei "nicht hinnehmbar, dass Journalisten von LEGIDA- oder PEGIDA-Anhängern mit Gewalt von ihrer Arbeit abgehalten werden und teilweise nicht auf Unterstützung oder Schutz durch die Polizei vertrauen können." Lippmann fordert von der Polizei, jeden Angriff auf Journalisten lückenlos zu dokumentieren und zu verfolgen. Zudem müssten die Beamten im Umgang mit Journalisten geschult werden.
Journalistenverband kritisiert mangelnden Schutz
Auch der Deutsche Journalistenverband kritisierte den mangelnden Schutz der Pressefreiheit in Sachsen. Am Mittwoch bezeichnete der Verband die Maßnahmen der "L-IZ" als "verheerendes Signal über den Zustand der Pressefreiheit im Freistaat." Es gehe nicht an, dass nur noch solche Medien über rechtsradikale Demonstrationen berichten könnten, die in der Lage seien, ein privates Sicherheitsunternehmen zu engagieren. Das hatte der MDR angekündigt.
Nirgendwo in Deutschland dürfen wir uns daran gewöhnen, dass manche Orte und Situationen zu gefährlich für Journalisten sind.
Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes
Journalisten immer häufiger Zielscheibe
Die "Leipziger Internet-Zeitung" hatte die Legida-Kundgebungen seit deren Beginn beobachtet und auch per Live-Ticker berichtet. Ihre Mitarbeiter vor Ort waren nicht die einzigen Pressevertreter, die am Rande der Demonstrationen von Legida und auch Pegida attackiert wurden. Die Mitarbeiter des Mitteldeutschen Rundfunks werden nach Übergriffen bei ihren Vor-Ort-Einsätzen inzwischen von einem Sicherheitsdienst begleitet. Diese Entscheidung lehnt die "L-IZ" ab. Sie wäre auch ein Eingeständnis, dass die Polizei die normale Ausübung der Staatsgewalt nicht vollziehen könne oder wolle.